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Schluss mit Sex und Schminken: Lies dich glücklich

Warum immer mehr Frauenmagazine auf einen Wohlfühlfaktor setzen.

Die Zukunft von Claudia Stärker wird turbulent: Eine Liaison mit einem ausländischen Geschäftsmann wartet auf sie. Sie zieht mit ihm ins Ausland, wahrscheinlich ans Meer. Da kann die Journalistin ihren derzeitigen Job lieben, wie sie will, das Leben hat andere Pläne für sie – sagt zumindest Eugene Vandelsen, der sich als professioneller Hellseher bezeichnet. Nur ein Foto braucht er von seinen Kunden, um ihnen die Zukunft vorhersagen zu können.

Ist das nun Hellsicht oder Humbug? Die Zeitschrift „Sensa“ will für ihre Leserinnen den Visionen von Vandelsen auf den Grund gehen. In einem Selbstversuch lässt sich Autorin Claudia Stärker deshalb die kommenden Jahre vorhersagen. Ihr Fazit: Mädels, so ungenau wollen wir’s gar nicht wissen. Bei Nachfragen verliert sich der Hellseher nämlich in schwammigen Floskeln, die auf jede Zweite zutreffen könnten. Also lieber weiterschauen, was das Leben so bringt – ohne selbst ernannten Interpreten.

Zwar mit einem Augenzwinkern erzählt, steckt hinter dem Ausflug zum Wahrsager ein Konzept: die Suche nach Sinn und Spiritualität. Lange wurde sie in die Esoterik-Ecke abgeschoben, wo vor allem Ratgeber in Buchform Antworten zu geben versuchten. Doch nun greifen auch immer mehr Frauenmagazine die Verknüpfung von Lebensweise und Konsum zu einem glücklichen Leben auf – und entdecken damit eine Nische, denn die klassischen Themen Mode, Männer, Madonna & Co sind von den Magazinen am Kiosk gut abgedeckt. Die neuen Wohlfühl-Blätter verstehen sich deshalb nicht mehr nur als große Schwester, die den neuesten Tratsch über Promis erzählt, Schmink- und Beziehungstipps gibt, sondern als Lebensberaterinnen.

„Normale Frauenmagazine sind der modernen Leserin zu oberflächlich“, sagt Katarzyna Mol. „Wenn ich schon Zeit habe und ein Magazin lese, dann will ich auch inspiriert werden und mich persönlich weiterentwickeln.“ Seit Februar 2010 gibt Mol die Zeitschrift „Emotion“ heraus, die vormals zum Hamburger Verlag Gruner + Jahr gehörte. Mol erklärt den Trend, dass immer mehr Magazine auf den Kuschel-Kurs setzen, durch den Wandel des Alltags: „Der Beruf bestimmt immer weitere Teile unseres Lebens und steht im Gegensatz zu knapp bemessener Freizeit.“ Irgendwann stelle sich dann die Frage, ob man ein solches Leben überhaupt wolle. „Emotion“ habe es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, verschiedene Lebensmodelle aufzuzeigen. In der aktuellen Ausgabe des Magazins, das monatlich zum Preis von 4,80 Euro erscheint, geht es beispielsweise im Dossier „Zukunft, ich komme“ darum, dass fast jeder belohnt wird, der für die kleinen und größeren Neuanfänge bereit ist.

Auf inneres Gleichgewicht und Wohlbefinden setzte auch der „Brigitte“-Ableger „Balance“ mit den Schwerpunkten Freizeit, Fitness und Ernährung – mit Erfolg: 2010 erschien das Blatt zum Preis von 3,50 Euro erstmals nicht nur fünf, sondern sechs Mal und konnte eine stabile Verkaufszahl von 130 000 Exemplaren halten.

Auch bei „Sensa“ geht um um Balance, und zwar auf die von „Körper und Geist“, wie Chefredakteurin Annita Bottoni sagt. Im April 2010 startete die Zeitschrift, die alle zwei Monate zum Preis von 4,20 Euro erscheint, mit einer verkauften Auflage von 40 000 Exemplaren und steigert sich nach Angaben von Frank Zomerdijk, Geschäftsführer der Panini Verlags GmbH, von Ausgabe zu Ausgabe.

Als „Mindstyle-Magazin“ versteht sich „Happinez“ aus dem Bauer-Verlag. Seit August 2010 erscheint das Heft in Deutschland zum Preis von 4,95 Euro und will Geist und Herz auf Hochglanzpapier zusammenbringen. Eingekauft wurde die Idee zu „Happinez“ in den Niederlanden, wo die Zeitschrift derzeit Marktführer der monatlichen Frauenmagazine ist. In Deutschland gibt es nach Angaben des Verlags nach vier Monaten Laufzeit schon mehr als 3000 Abonnenten. Genauere Verkaufszahlen kann Jörg Hausendorf, Geschäftsführer der Bauer Women GmbH, noch nicht nennen, dafür aber das Ziel für 2011: „Happinez“ soll eine Verkaufsmarke von 100 000 Exemplaren erreichen und weiter wachsen.

Den Erfolg schreibt Hausendorf einem Umstand zu, der wohlhabenden Gesellschaften geschuldet ist. „,Happinez’ lesen vor allem Menschen, die in der Bedürfnispyramide ganz oben angekommen und gesättigt sind“, sagt Hausendorf. „Menschen, die sich finanziell alles leisten können und jetzt nach mehr suchen.“ Beispielsweise nach mehr Leidenschaft, denn wie man die bekommt, darum geht es im aktuellen Heft ebenso wie um die „Weisheit des Herzens“ und darum, wie Akupunktur ohne Nadeln funktioniert. Die unwiderstehliche Verführung aber, so steht es in „Happinez“, ist am Ende nicht in der Spiritualität, sondern in etwas ganz Irdischem zu finden: Schokolade.

Franziska Langhammer

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