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Medien: Schröder bei "Christiansen": Basta!

Als seine Minister Fischer und Funke zurückgetreten waren, gab Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Bundespressekonferenz. Das publizistische Grundrauschen von der "Regierungskrise" aber blieb.

Als seine Minister Fischer und Funke zurückgetreten waren, gab Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Bundespressekonferenz. Das publizistische Grundrauschen von der "Regierungskrise" aber blieb. Also ließ sich der Kanzler in die ARD-Sendung "Sabine Christiansen" einladen. Er wollte dem (Fernseh-)Volk direkt erklären, dass die Krise seiner Regierung keine ist. Schröder fühlt sich von weiten Teilen der Medien missverstanden, und ehe sich noch der Eindruck von Führungsschwäche, lustlosem Kabinett und Konzeptionslosigkeit bei den Wählern festtritt, tritt der Kanzler vor die Millionen von Fernsehzuschauern. Am liebsten in einer "sehr populären Sendung", wie er Moderatorin Sabine Christiansen zu schmeicheln wusste. Wer Gerhard Schröder erlebt hat, ist irritiert; indem der politisch Beobachtete über die politischen Beobachter hinweg direkt mit der fernsehenden Wahlbevölkerung kommuniziert hat, könnte - für einige Zeit - ein Zwiespalt auftreten: Hier der Kanzler, der wie sein Vorgänger Helmut Kohl keine Krise kennt, dort die Medien, die eine Krise erkennen. Dazwischen steht der Mediennutzer und Wahlbürger. Offenbar ist er am gelassensten. Die Umfragewerte für Gerhard Schröder sind - allemal vor dem Hintergrund der "Krise" - erstaunlich stabil. Denn alle Führungskraft geht vom Kanzler aus. Gerhard Schröder besitzt Fernsehpräsenz. Eine überraschend hartnäckige Sabine Christiansen ließ am Sonntag abend nicht locker, ihre Redaktion hatte zu beinahe jedem Thema Studiogäste platziert, die ihn in die Enge treiben sollten. Dorthin bekamen sie ihn nicht. Es bleibt weiter das große, nicht geglückte Kunststück, deutsche Spitzenpolitiker in der direkten Konfrontation zu stellen. Markus Söder, Chef der Jungen Union in Bayern, versuchte im späteren Teil der 60 Minuten die direkte, die massive Attacke. Da war Schröder sich seiner Selbstbehauptung schon so sicher, dass er, statt eine Antwort zu geben, die "verehrte gnädige Frau" Christiansen um eine weitere Frage bat. Cool und arrogant zugleich. Der Kanzler sprach nicht zum politischen Gegner, nicht zu den Auguren seiner Regierungsarbeit. Mehr als einmal gestand er (geringfügige) Fehler in der Vergangenheit ein, um im nächsten Atemzug Erfolge zu verkünden und Besserung anzukündigen. Bestimmt fußte es auf einer Absprache zwischen Regierungschef und Redaktion, wenn in den 60 ARD-Minuten die Weite des politischen Feldes abgeschritten wurde. Zu Tiefenbohrungen kam es nicht. Schröder verzichtete auf den Allmachts-Kanzler, er präsentierte den Richtlinien-Kanzler. Millionen Verbraucher und Rentner können auf ihn zählen. Ihre Sorgen gehen ihm näher als die Sorgenfalten der Leitartikler.

Regierungshandeln wird von Gerhard Schröder mit Fernsehkompetenz verschränkt. Er wird dieses Medium und dessen direkte Transferleistung immer wieder suchen, sobald Teile des Fernsehens und die übrigen Medien ein Bild des Gerhard Schröder übermitteln, das mit Schröders Selbstbild so gar nicht übereinstimmen will. Der Kanzler setzt auf die Krisenreaktionskraft seines Fernseh-Auftritts. Insofern liegen die politischen Beobachter nicht falsch. Sie dürfen sich anrechnen, Gerhard Schröder zu "Sabine Christiansen" getrieben zu haben. Jetzt bedarf es weiterer Anstrengung, dass der Kanzler seine Krise annimmt.

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