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Anpfiff. Die Schauspieler Stefan Konarske, Aylin Tezel und Jörg Hartmann (v. l. n. r.) posieren im Stadion vor der Premiere des ersten „Tatort“ aus Dortmund. Foto: dpa

© dpa

Schwarz-gelbe Welt: Das Glück ist ein Dortmunder

Stadt im Rausch: Erst die Bundesliga-Meisterschaft, jetzt der „Tatort“.

Erster Auftritt des neuen Dortmunder „Tatort“-Kommissars: Peter Faber (Jörg Hartmann) steht auf dem Flachdach einer Schule. Unten blicken die Schüler gespannt herauf. „Sie! Sie können da nicht stehen“, ruft der heraneilende Hausmeister – es sind die ersten Worte, die im Premieren-Film „Alter Ego“ gesprochen werden. Und mit dem Humor eines westfälischen Hausmeisters fügt er hinzu: „Sie wollen hier nicht den Sittich machen, oder?“ Der Spruch gibt die ersten Lacher auf der Westtribüne des Dortmunder Stadions. Und als ein Wecker den Tag von Fabers Kollegen Daniel Kossik (Stefan Konarske) mit einem lauthals geschmetterten „Borussia Dortmund“ einläutet, ist die Sache geritzt: noch ein Lacher, erster Szenenapplaus. Der „Tatort“ ist angekommen in der Ruhrgebietsmetropole.

Dortmund, so viel ist sicher, platzt vor Stolz. Zweimal hintereinander Fußballmeister und jetzt auch noch der Aufstieg in die „Tatort“-Liga – kann es ein vollkommeneres Glück geben? Am Freitagabend erlebte ein Kreis Auserwählter eine Art Fernseh-Weihestunde in der Dortmunder Meister-Stätte. Der Film „Alter Ego“, der am 23. September im Ersten ausgestrahlt wird, feierte auf einer Großleinwand „Welturaufführung“, wie WDR-Moderator Matthias Bongard nicht müde wurde zu betonen. Der Sender hatte sich in die sommerliche Veranstaltungsreihe „Kino im Stadion“ eingeklinkt, „Ice Age 4“ musste dem „Tatort“ weichen. Sechs Euro kostete die Eintrittskarte, wie bei allen anderen Filmen auch. Kein Top-Zuschlag also. Draußen standen Zuschauer mit „Ich suche Karten“-Schildern. So günstig kommt man sonst nie auf die gepolsterten Logensitze auf der Westtribüne.

Nach Filmende brandete tosender Beifall auf. Es toste allerdings etwas leiser als sonst üblich hier, denn nicht 80 720, sondern 1200 Menschen honorierten den ersten gelösten Fall des gleich vierköpfigen Ermittlerteams – neben Hartmann und Konarske wurden noch Anna Schudt und Aylin Tezel für das Fahnderteam engagiert. „Tatort“ und Dortmund, das geht natürlich nicht ohne Fußball. Kaum war die Nachricht heraus, dass Thomas Jauch die ersten beiden Filme des neuen Teams inszenieren würde, erhielt der Münchner Regisseur eine Mail. „Der BVB hat sich sofort gemeldet und seine Unterstützung angeboten. Da gibt es eine gute Connection“, sagte Bayern-Fan Jauch. Für den Premieren-Film hat der Verein ein paar schwarz-gelbe Utensilien bereitgestellt, aber über eine „Tatort“-Folge rund um den BVB wird schon nachgedacht. „Fußballthemen sind immer schwierig“, sagte der erfahrene Regisseur, der rund drei Dutzend Filme für deutsche Krimireihen gedreht hat. „Der Fußball kann immer nur die Kulisse sein, in den Filmen muss es noch um etwas anderes gehen.“ Um Doping oder rechtsradikale Fans möglicherweise. Das Thema Homosexualität scheidet allerdings aus, denn darum geht es bereits in „Alter Ego“.

Die Euphorie, mit der das Filmteam in Dortmund empfangen worden sei, hat auch den 54-jährigen Jauch sichtlich beeindruckt. „Was sollen wir sperren für euch? Sagt Bescheid“ – eine solche Bereitschaft, Einschränkungen hinzunehmen, gebe es gewöhnlich nicht. „In Hamburg haben sie uns beim letzten Mal einen Weihnachtsbaum auf den Kopf geworfen“, sagte Jauch. Aber Dortmund ist eben Film-Neuland. Die ersten beiden „Tatort“-Filme haben Jauch und sein Team im Frühjahr gedreht, an 44 Drehtagen, wobei die Innenaufnahmen aus Kostengründen in Köln entstanden. Dass er für Folge zwei den kompletten Borsigplatz lahmlegen durfte, findet er besonders bemerkenswert. „Wir möchten den Dortmundern etwas zurückgeben.“

Und so ist es auch gekommen. „Alter Ego“ bietet gleich mal einen Querschnitt durch die markanten Stadtansichten: ein Kuss vor der Zeche Zollern, eine Zeugenbefragung im Dortmunder „U“, einem zum Kunstzentrum umgewidmeten ehemaligen Lagerhaus einer Brauerei, und natürlich das hell erleuchtete BVB-Stadion. Und obwohl, wie von Autor Werner versprochen, niemand im Film „mit der Grubenlampe in der Hand herumsteht“, dürfen ein paar Ruhrgebietsklischees wie der alte Taubenzüchter nicht fehlen.

Dafür staksen auch ein paar Roboter durch den Film, denn die einstige Bier-Kohle-Stahl-Stadt Dortmund, die nicht nur Industriemuseum sein will, hat in den achtziger Jahren einen Technologiepark gegründet. Eine eher bescheidene Erfolgsgeschichte, aber die Serviceroboter hier können artig „Willkommen“ sagen. Damit haben sie Kommissar Faber einiges voraus, denn der ist ein schwieriger Charakter, depressiv und meist unfreundlich. Auf die Begrüßungsfloskel „Freut mich“ erwidert er schon mal: „Sind Sie sicher?“

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