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Florian (Arieh Worthalter) findet sich in einem fremden Körper wieder.

© Laurent Thurin-Nal/Arte

SF-Serie "Im fremden Körper": Ich wird ein anderer

Die Science-Fiction-Serie „Im fremden Körper“ blickt in eine nahe Zukunft, in der ewiges Leben versprochen wird.

Am vertrautesten im Leben ist der eigene Körper. Doch das Gefühl beim morgendlichen Aufstehen und der Blick in den Spiegel – all das kann plötzlich fremd werden wie im Albtraum. Diesen Horror bebildert die französische Science-Fiction-Serie „Im fremden Körper“ auf Arte.

Florian, ein sanftmütiger Tischler (Arieh Worthalter), der nach einem Badeunfall ins Koma fiel, erwacht fünf Jahre später im Körper eines raubeinigen Polizisten, der im Einsatz erschossen wurde. Die Welt hat sich inzwischen verändert. Von seinem Schwiegervater, einem digitalen Dr. Frankenstein, erfährt Florian, dass man den menschlichen Geist „wie eine Festplatte kopieren“ kann. Das Bewusstsein des Wirtskörpers wird dabei überschrieben.

Im Kino ist dieses Motiv besonders aus Komödien bekannt. Doch die sechsteilige Fernsehproduktion, die Arte jeweils donnerstags in drei Episoden ausstrahlt, lotet die Fantasie des Rollentauschs völlig neu aus. Das Gefühl, in einer fremden Haut zu stecken, in der man schreien möchte, aber nicht einmal die eigene Stimme hat, vermittelt sich dabei mit sinnlicher Intensität.

Im Katalog wird nach jungen Körpern gesucht

„Im fremden Körper“ blickt in eine nahe Zukunft, die den Traum vom ewigen Leben mit gruseliger Konsequenz verwirklicht. Solvente Kunden wie eine gealterte Starpianistin suchen sich im Katalog eine attraktive, junge Klavierspielerin aus. Das Mädchen wird gekidnappt, und die alte Dame nimmt den jugendlichen Körper in Besitz – so wie man eine neue Wohnung bezieht. Gegen diese illegalen Machenschaften, von mafiaartig organisierten Körperdealern durchgeführt, geht eine übergriffige Spezialeinheit vor. Ausgerechnet in den Körper eines solchen Bullen, der „Transferierte“ mit rassistischer Inbrunst verfolgt, wurde Florian versetzt: In der Doppelrolle macht der belgische Darsteller Arieh Worthalter („Marie Curie“) das rimbaudsche Bonmot „Ich ist ein anderer“ neu lesbar.

Wie Florian kann in dieser zukünftigen Welt potenziell jeder als Transferierter denunziert werden. Der Nachbar verhält sich neuerdings seltsam? Ist er vielleicht schon einer „von denen“? Die Serie skizziert eine gespaltene Gesellschaft. Aktivisten kämpfen für die Würde der diskriminierten Transferierten, in denen sie geistige Migranten sehen. Auf der anderen Seite protestieren religiöse Fanatiker mit dem doppelsinnigen T-Shirt-Aufdruck „Das ist mein Leib“ gegen digitale Seelenwanderung.

Erinnerung an Cronenbergs Bodyhorror

Geschrieben hat diese düstere, an David Cronenbergs Bodyhorror erinnernde Vision das Autorenduo Claude Scasso und Patrick Benedek. Olivier Guignard, bislang nur fürs französische Fernsehen tätig, setzte die Mischung aus Thriller, Melodram und Krimi mit Gespür für Atmosphäre um. Im Gegensatz zu US-Serien spielt Action keine zentrale Rolle; stattdessen ruhige, beunruhigende Bilder. Wie ist es, im fremden Körper mit der eigenen Frau zu schlafen? Warum hat das junge Mädchen, das die Schule eigentlich hasst, plötzlich eine Eins in Mathe? Was ist, wenn es im Wirtskörper zu einer „Transfer-Abstoßung“ kommt? Die Serie trägt zuweilen dick auf, überzeugt aber durch ihren ganz eigenen Look und eine erstaunliche Fülle markanter Gesichter. Mit einem Seitenblick auf die Queer-Thematik wird deutlich, zu welch seltsamen Verwerfungen es kommt, wenn der eigene Körper sich als Fremdkörper entpuppt. Manfred Riepe

„Im fremden Körper“, Arte, Donnerstag, 20 Uhr 15

Manfred Riepe

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