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© Pro7

Showmaster: Stefan Raab ist der Zwei-Millionen-Mann

Stefan Raab hat sich auf einen weiten Weg gemacht. Vom Pausenclown will er zum Retter der Samstagabend-Unterhaltung werden. Seine Show "Schlag den Raab" schafft etwas fast einmaliges im deutschen Fernsehen: Sie langweilt nicht.

Auch ein Grund, warum das Fernsehen keine Höllenmaschine ist: Es fordert den Menschen, die meisten scheitern zwar, aber manche wachsen, und ganz wenigen gelingt nach Jahren etwas, das niemand mehr für möglich gehalten hätte, und während im Moment tatsächlich so viele an ihren Aufgaben im Fernsehen öffentlich zerbrechen, wird Stefan Raab heute Abend erneut beweisen, dass er auf dem Höhepunkt seines Schaffens, seines Talents ist. Heute Abend läuft auf Raabs Heimatsender Pro 7 die zehnte Ausgabe seiner Show „Schlag den Raab“ – das beste Unterhaltungsformat im deutschen Fernsehen zurzeit. Diese Feststellung tut fast ein bisschen weh.

Denn: Dieser Text wäre vor drei Jahren noch undenkbar gewesen, denn damals war das, was Stefan Raab im Fernsehen ablieferte, nichts wert. Mit dem Können eines Pausenclowns stümperte er sich durch seine tägliche Show „TV Total“, seine Hauptbeschäftigung lag darin, andere, schwächere Menschen zu beleidigen. Der Autor dieser Zeilen schrieb damals an gleicher Stelle: „Weil Raab sogar für einen Fernsehunterhalter erschreckend wenig Talent hat – keine Ausstrahlung, keine Wärme, keine sprachliche Brillanz, keine eigenen Ideen, keine echte Spontaneität – muss er auf das, was andere vorlegen, zurückgreifen.“

Raab war der Feind des guten Fernsehens und des guten Geschmacks, und das war er bereits seit 1993, als er beim Musiksender Viva seine Fernsehkarriere begann, doch dann, im Herbst 2006, lief zum ersten Mal „Schlag den Raab“, auf dem toten Sendeplatz „Samstag, 20 Uhr 15“, in alle Ewigkeit reserviert für „Wetten, dass...?“. Die erste Ausgabe von „Schlag den Raab“ war ein furchtbares Kuddelmuddel, wenig funktionierte, doch das Geniale der Idee schimmerte durch. Ein Kandidat tritt in 15 Spielen gegen Stefan Raab an – Sportspiele, Wissensspiele, Geschicklichkeitsspiele. Wer das erste Spiel gewinnt, bekommt einen Punkt, für das zweite Spiel zwei Punkte – so lange, bis einer uneinholbar vorne liegt. Schlägt der Kandidat den Raab, bekommt er 500 000 Euro, verliert er, hat der Kandidat der nächsten Show die Chance auf eine Million Euro.

Bis zur heutigen Ausgabe mit dem Zwei-Millionen-Euro-Jackpot gewann Raab sechsmal, die Kandidaten dreimal und die Zuschauer gewannen jedes Mal, denn die Show hat trotz katastrophaler Überlänge (einmal dauerte sie fünf Stunden) Dramatik, Witz, Spannung. Sie überrascht und verblüfft mit jeder Folge – fast einmalig im deutschen Fernsehen: Sie langweilt nicht.

Das Konzept wurde bereits in 14 Länder verkauft, es ist die größte deutsche Fernsehinnovation der letzten 20 Jahre, ausgezeichnet mit dem Adolf-GrimmePreis, dem Deutschen Fernsehpreis und einer Goldenen Kamera, im Schnitt erreicht die Sendung 3,5 Millionen Zuschauer – ein guter Wert.

Mit dieser Show hat Raab seine wahre Bestimmung im Fernsehen gefunden. Er moderiert nicht, dass kann er nämlich nicht, als Moderator taugt er wenig, er verhaspelt sich, findet keine Anschlüsse, ist limitiert an Gesten und Ausdrücken – man hat den Eindruck, dass ihn das Moderieren überhaupt nicht interessiert. Bei „Schlag den Raab“ übernimmt diesen Job Matthias Opdenhövel – auch er galt vor der Show eher als jemand, der eine ähnliche Karriere vor sich hat wie Steven Gätjen oder Holger Speckhahn, nämlich gar keine. Opdenhövel wächst an jeder Sendung, jetzt ist er ein souveräner Spielleiter, der durch eine stundenlange Show führen kann, immer auf der Höhe, freundlich, nett, charmant. Raab ist die Rampensau, das Zirkuspferd, der Großkotz, der scheitern soll. Leider wählen die Fernsehzuschauer aus fünf Bewerbern den Kandidaten per Telefonabstimmung – das viel zu lange Prozedere ist der einzige Schwachpunkt der Sendung – und sie wählen entweder eine Frau oder den nettesten, deshalb gewinnt Raab öfter. Was allerdings auch an dem liegen könnte, was sich die Branche zuraunt: Stefan Raab kennt in Wirklichkeit alle Spiele, er probt sie vor der Sendung, dadurch ist er jedem Kandidaten gegenüber im Vorteil.

Doch selbst wenn das stimmen sollte, macht das „Schlag den Raab“ nicht schlechter. Technisch kann man die Sendung kaum besser machen: Licht, Kamera, Timing, Regie – das ist alles ein bisschen mehr als der Stand der Dinge. Abgesehen von (verzichtbaren) musikalischen Gästen, kommt die Show zudem ohne Stars aus, selbst Raab ist es nicht, sondern das Format.

„Schlag den Raab“ ist der Beweis, dass die große Samstagabendunterhaltung nicht tot ist – sie sieht nur anders aus. Die Spiele wirken wie ein großer Kindergeburtstag auf Speed, trotzdem driftet die Show nicht ab in die Albernheit, die Kandidaten werden nicht vorgeführt, denn der Zuschauer schwankt dauernd zwischen „könnt ich besser“ und „könnt ich gar nicht“. Am Ende ärgert man sich, wenn Raab gewinnt – oder man freut sich, wenn er besiegt wurde. Die Show erzählt eben auch immer eine klassische Heldengeschichte. Amüsanter kann man einen Samstagabend vor dem Fernseher kaum verbringen.

Ausgerechnet also Stefan Raab. Hat neben all den Abfallprodukten von „TV Total“ (Wok-WM, Turmspringen, Autoball-EM 2008) mal eben so die beste Samstagabendshow erfunden und so die deutsche Fernsehunterhaltung gerettet. Wenn einer einem das vor drei Jahren gesagt hätte – man hätte denjenigen für komplett bescheuert gehalten. Auf RTL läuft übrigens heute Abend zur gleichen Zeit „Deutschland sucht den Superstar“. Es ist weit und breit nichts zu sehen, was Raab im Moment schlagen könnte.

„Schlag den Raab“, 20 Uhr 15, Pro 7

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