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Kein nachhaltiger Erfolg. Die aufmunternden Marketingkampagnen der Sender und der GEZ pro Rundfunkgebühr sind verbesserungsfähig.

© dpa

Sinkende Einnahmen bei der GEZ: Berlin hat die meisten Schwarzseher

Die GEZ nimmt weniger Gebühren für ARD & Co. ein. Ursache ist die wachsende Zahl der Befreiungen und der Schwarzseher. Berlin ist in beiden Fallen führend. Aber warum akzeptiert der RBB das?

Berlin ist Hauptstadt. Und weil Berlin die Hauptstadt und zusammen mit Brandenburg die Hauptstadtregion bildet, hat diese Menschenversammlung sehr spezielle Prägungen. Beispielsweise gibt es nirgendwo sonst in Deutschland so viele Menschen, die von der Rundfunkgebühr befreit sind oder schlichtweg schwarzhören und schwarzsehen. Nach den neuesten Zahlen der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) verzeichnete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in seinem Sendebereich 2010 mit 13,65 Prozent die höchste Befreiungsquote aller ARD-Anstalten, gefolgt vom Mitteldeutschen Rundfunk mit 10,7 Prozent. Nun ist die Relation zwischen Nutzern und Gebührenzahlern in Großstädten wie Berlin, Frankfurt/Main oder München deutlich ungünstiger als im ARD-Durchschnitt. Laut letztverfügbarer Zahlen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Anstalten (KEF) lag die Teilnehmerdichte 2007 dort zwischen 76,9 und 78,5 Prozent. Beispiel Berlin: Der RBB führt für die Hauptstadt 1,55 Millionen Teilnehmerkonten, davon sind knapp 247 000 aus sozialen Gründen von der Rundfunkgebühr befreit. Diese Gesamtzahl mit der Zahl der rund zwei Millionen Haushalte ins Verhältnis gesetzt, kann in Berlin von einer Schwarzseherquote von über 22 Prozent ausgegangen werden.

Und die Zahl der Befreiungen und der Verweigerer wächst. In den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die Befreiungsquote im vergangenen Jahr erneut leicht gestiegen. Die geringste Befreiungsquote verzeichnet die GEZ im Sendegebiet des BR: Dort waren im vergangenen Jahr 4,87 Prozent der Teilnehmer von der Rundfunkgebühr befreit.

Als Konsequenz dieser Zahlenbewegungen sind die Gebühreneinnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender 2010 wieder zurückgegangen. Wie der Geschäftsführer der Gebühreneinzugszentrale (GEZ), Hans Buchholz, am Dienstag sagte, lagen die Einnahmen mit 7,54 Milliarden Euro knapp 60 Millionen Euro unter den Vorjahreserträgen. Verantwortlich dafür seien ein Rückgang der angemeldeten Geräte und die steigende Zahl von Befreiungen.

Die ARD erhielt im Jahr 2010 5,52 Milliarden Euro Rundfunkgebühren, 1,83 Milliarden gingen an das ZDF. Das Deutschlandradio erhielt 194 Millionen. Unter den ARD-Anstalten erhielt der WDR mit 1,16 Milliarden Euro den Löwenanteil. Die kleinste ARD-Anstalt, Radio Bremen, erhielt 43 Millionen Euro.

Der Gebührenausfall aufgrund von Befreiungen summierte sich nach Angaben der GEZ im vergangenen Jahr auf insgesamt rund 851 Millionen Euro. Insgesamt seien 3,2 Millionen Teilnehmer überwiegend aus sozialen Gründen von der Rundfunkgebühr befreit gewesen. Empfänger von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II stellen gut die Hälfte der befreiten Teilnehmer. Wenn es die Befreiungen nicht gäbe, könnte die Rundfunkgebühr laut Buchholz für den einzelnen Teilnehmer um rund zwei Euro pro Monat gesenkt werden.

Der GEZ-Chef sagte auch, dass die Anmeldebereitschaft der jungen Erwachsenen zurückgehe, sprich die „Gratiskultur“ längst auch die Nutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erreicht hat. „Viele, die über meldepflichtige Rundfunkgeräte verfügen, nehmen diese gar nicht als solche wahr“, sagte Buchholz. „Früher war klar, was ein Radio- oder Fernsehgerät war. Heute gibt es Handys, Smartphones, Notebooks“, die würden von jungen Leuten gar nicht mehr als meldepflichtiges Rundfunkgerät wahrgenommen. Die KEF spricht gar von einer „zunehmenden Verweigerungshaltung in Teilen der Bevölkerung“.

Was auch daran liegen kann, dass die GEZ wie auch die Sender bei ihrem „Eifer“ zur Aufklärung der Zahler und Aufdeckung der „Schwarzseher“ schwächeln. Die KEF hat dafür „auch die sinkende Effizienz“ der eingesetzten Marktbearbeitungsinstrumente verantwortlich gemacht. Es ist ein Faktum, dass die Anstrengungen der Sender um die Gebührenzahlung keineswegs in der Weise gewachsen sind, wie sich die Teilnehmerdichte verringert hat. Es scheint, als würden ARD, ZDF, Deutschlandradio plus GEZ schlicht auf den neuen Rundfunkbeitrag warten, der von 2013 an nicht mehr pro Teilnehmer, sondern pro Haushalt eingezogen werden soll. Das wird die Erhebungsgrundlage verändern und soll die Zahl der Schwarzseher deutlich vermindern. Dadurch erwartet die GEZ einen allmählichen Zuwachs der Erträge. Allerdings werde der nicht sofort einsetzen, sagte Buchholz. Bis einschließlich 2013 rechne er mit einem Rückgang der Gebühren um 50 Millionen Euro pro Jahr. Erst danach werde ein Zuwachs einsetzen. (mit epd)

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