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Die Arbeitsteilung zwischen Hauptkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) und dem Polizeihauptmeister (Horst Krause) ist unstrittig. Das hält Krause nicht davon ab, gewisse väterliche Züge für die schwangere Ermittlerin an den Tag zu legen. Foto: RBB

© rbb/Oliver Feist

Sonntags-Krimi: Vater, Mutter, Kinder

Mord vor der Babypause: In ihrem zweiten „Polizeiruf“ blickt Maria Simon hinter die Brandenburger Idylle - und die dort liegenden Abgründe.

Vom Umfang her kann es Hauptkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) trotz Babybauch noch immer nicht mit Polizeihauptmeister Horst Krause aufnehmen. Aber dass sie mit ihrem Privatfahrzeug nicht vor der Polizeistation halten kann, ist schon ein echtes Ärgernis. Zumal der Babybauch echt ist, es sich nicht um eine Filmschwangerschaft für ihren zweiten „Polizeiruf 110“ handelt. Mittlerweile hat Maria Simon entbunden, nach lauter Jungs ist ihr viertes Kind ein Mädchen geworden. Das Drehbuch „Zwei Brüder“ konnte so zumindest für Simons Rolle flexibel gehalten werden. Schließlich hatte sich die Schauspielerin vorgenommen, ihre Stimmungen wie Müdigkeit, Hunger, auch die Launen in den Film einfließen zu lassen.

Im Juni hatte Maria Simon als Nachfolgerin von Imogen Kogge in der Rolle der Johanna Herz einen höchst erfolgreichen Einstand gegeben. Mit fast 8,3 Millionen Zuschauern – ein Marktanteil von über 26 Prozent – erreichte Simon mit „Die verlorene Tochter“ aus dem Stand das beste Ergebnis dieser ARD-Krimireihe in diesem Jahr. Bevor sie sich aber weiter der Aufgabe stellen kann, die Rolle von Hauptkommissarin Olga Lenski zu entwickeln, hat sie ihren nächsten Fall wegen der Babypause vertretungsweise an Sophie Rois abgegeben, die Kriminalhauptkommissarin Tamara Rusch spielt. Die Folge „Gurkenkönig“ ist bereits abgedreht und wird voraussichtlich im Frühjahr 2012 ausgestrahlt. Bald darauf aber wird mit der Rückkehr von Maria Simon vor die „Polizeiruf“-Kamera gerechnet.

In „Zwei Brüder“ blickt die Kamera abwechselnd auf die schwangere Kommissarin, wie sie armrudernd Entspannungsübungen vollführt, und die sommerliche Landschaftsidylle von Brandenburg. Aber bekanntlich lauern gerade hinter besonders idyllischen Kulissen die tiefsten Abgründe. Ihr zweiter Fall führt Lenski und Krause auf das Gestüt der Familie Hartmann, ein herrschaftliches Anwesen in bestem Zustand. Dort wurde ein teures Rennpferd aus dem Zuchtstall gestohlen. Neben der leeren Box findet Charlotte Hartmann (Barbara Auer) am frühen Morgen ihren Mann Karl, der erschlagen am Boden liegt. Eigentlich sollte er sich auf einer Zuchtmesse in Baden-Baden befinden – niemand kann sich erklären, was er in der Nacht im Stall wollte.

Lenski und Polizeihauptmeister Horst Krause (Horst Krause) finden heraus, dass Hartmann ein strenges Regiment geführt hat. Besonders der jüngste Sohn Dennis (Franz Dinda), dem das gestohlene Rennpferd gehört, soll unter der mangelnden Anerkennung des Vaters gelitten haben. „Die sind dressiert wie die Pferde“, wird der Kommissarin zugetragen. Dennis’ Bruder Markus (Florian Stetter) hingegen scheint sich mit der Situation arrangiert zu haben. Er lebt und arbeitet auf dem elterlichen Hof und offensichtlich verbindet ihn mit seiner Mutter Charlotte, die seit einem Reitunfall mit einem schweren Rückenleiden kämpft, eine besonders enge Beziehung.

An Verdächtigen besteht in dem Film von Regisseur Nils Willbrandt, der zusammen mit Stefan Kuhlmann auch das Drehbuch geschrieben hat, kein Mangel. Der ehemalige Stallmeister Heiko Wessel (Hansa Czypionka) wurde kurz vor den tragischen Ereignissen aus fadenscheinigen Gründen entlassen. Und Krause findet heraus, dass er am Tattag mit dem Pferdetransporter durchs Dorf fuhr. Die Brüder wiederum befanden sich in einer Dauerkonkurrenz um die Liebe ihres Vaters. „Hast du ihn umgebracht?“ geht die Frage an Markus, der nur zurückfragt: „Und du?“. Auch Tierarzt Dr. Lutz ist mit Ralph Herforth verdächtig gut besetzt. Zudem scheint seine Tätigkeit über das normale Wohl für Rennpferd Merkur weit hinausgegangen zu sein. Vor allem aber müssen Lenski und Krause herausfinden, was Karl Hartmann tatsächlich in der Zeit getan hat, in der er sich angeblich auf Zuchtveranstaltungen wie der in Baden-Baden aufgehalten hat. Und welche Rolle spielt Hartmanns Ehefrau dabei? Olga Lenski versucht sich nebenher, auf ihre neue Lebensphase vorzubereiten. Freund Felix (Andreas Pietschmann) muss sich entscheiden, welche Rolle er dabei spielen will. Vater, Mutter, Kind eben.

Maria Simon ist zum Typ für toughe Frauen geworden. Im Bundeswehr-Film „Kongo“ hatte sie in einem Todesfall in der Truppe ermittelt und sich gegen Machos und wohlmeinende Vorgesetzte durchgesetzt. Im Brandenburger „Polizeiruf“ spielt sie ihre nicht nur amtsgegebene Autorität auf sehr kollegiale Weise aus. Erstaunlich ist da eher, wie sehr Polizeihauptmeister Horst Krause in den Hintergrund tritt – auch wenn er sich nicht immer streng nach Vorschrift verhält. Krause agiert im Brandenburger „Polizeiruf“ ohnehin am liebsten nach der Devise „Hier ist der Mensch noch Mensch“, in diesem Fall der nette Polizist, der einem hilfsbereiten Jungen als Dank schon einmal eine Waffel mit drei Kugeln Joghurteis überreicht. Und ab und zu scheint er väterliche Gefühle für Olga Lenski zu hegen.

„Polizeiruf 110: Zwei Brüder“, ARD, 20Uhr 15

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