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Vor dem Abgang? Noch will der "Spiegel" nicht bestätigen, dass Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo als Chefredakteure abgelöst werden. Ein Dementi gab es allerdings auch nicht.

© dpa

"Spiegel" sucht neuen Chefredakteur: Wenn zwei sich streiten...müssen beide gehen

Die Doppelspitze des Hamburger Nachrichtenmagazins hat angeblich keine Zukunft mehr. Warum Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo wohl beide abgelöst werden.

Wenn sich die Redaktion des „Spiegel“ am Montagmorgen um elf Uhr zur großen Konferenz trifft, stehen normalerweise die Blattkritik der aktuellen und die Planung der nächsten Ausgabe auf dem Programm. An diesem Montag aber wird die Konferenz wohl anders als sonst verlaufen. Denn seit Freitag ist bekannt, dass die beiden Chefredakteure Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron angeblich abgelöst werden sollen (siehe auch Tagesspiegel am Sonntag). Ob sie heute überhaupt noch in die Konferenz kommen, wird in der Redaktion deshalb mit Spannung erwartet.

Eilig versuchte die Geschäftsführung der Mitarbeiter KG am Wochenende, sich mit den anderen Gesellschaftern des „Spiegel“ zusammenzutelefonieren, nachdem das „Hamburger Abendblatt“ am Freitagabend über die anstehende Ablösung berichtet hatte. Zwar heißt es aus dem Gesellschafterkreis, dass es für die Kündigung bisher noch keinen Beschluss gibt – doch dürfte dieser bald vorliegen. Denn auch wenn die Nachricht viele Mitarbeiter im eigenen Haus überraschte, soll die Suche nach einem Nachfolger für Mascolo und Blumencron schon vor Wochen – offenbar noch vor der Wahl des neuen Geschäftsführerquintetts der KG Anfang März – begonnen haben. Maßgeblich auf Druck der Mitarbeiter KG, Hauptgesellschafterin des Magazins neben dem Verlag Gruner + Jahr und den Erben des „Spiegel“-Gründers Rudolf Augstein.

Die drei Gesellschafter sind den Dauerstreit zwischen Mascolo und Blumencron leid, der es unmöglich mache, die Verzahnung zwischen Print und Online voranzutreiben. So weigere sich Blumencron, die von „Spiegel“-Geschäftsführer Ove Saffe und Mascolo gewünschte Bezahlstrategie für Spiegel Online umzusetzen, berichtet das „Abendblatt“.

Als nicht mehr länger tragbar wird angeblich auch Mascolo und sein mangelndes Gespür für die Auswahl der Titel gehalten – dass es daran hapert, beweist erneut die aktuelle Ausgabe: „Kim Jong Bumm. Nordkoreas verrückter Atomkrieger“ heißt es in bester „Bild“-Sprache, zu sehen ist der Diktator, der in Münchhausenmanier auf einer Rakete reitet. Ein Titel, der mal wieder deutlich macht, wie groß offenbar die Unsicherheit in der Chefredaktion angesichts der sinkenden Auflage ist. Verkaufte der „Spiegel“ zum Antritt von Mascolo und Blumencron 2008 noch 1,05 Millionen Exemplare, sind es heute rund 890 000 Stück – was teils strukturell, teils jedoch inhaltlich bedingt sein dürfte. Mascolo aber zeige sich „beratungsresistent“, berichten Mitarbeiter, auch würde Kritik aus Angst vor seiner „ruppigen“ Art zurückgehalten.

Dass ihre Position als „Spiegel“-Chefredakteure aneinander gebunden ist, soll die Mitarbeiter KG Mascolo und Blumencron von Beginn an klar gemacht haben. Bekämen sie ihre Streitigkeiten nicht in den Griff, müssten sie beide gehen – und jetzt ist es offensichtlich soweit. Dabei könnte der „Spiegel“ dieses Mal günstiger davonkommen als noch bei Vorgänger Stefan Aust, der einen Fünfjahresvertrag hatte und wegen seiner vorzeitigen Kündigung mit etwa vier Millionen Euro abgefunden worden sein soll. Mascolo und Blumencron haben dagegen angeblich einen zwar unbefristeten, dafür aber jährlich kündbaren Vertrag.

Der Gesellschafterkreis will sich nun schnell zusammensetzen, um einen neuen Chefredakteur zu finden. Gerüchte über eine Doppelspitze bestehend aus der Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel und Jakob Augstein, Gesellschafter und „Freitag“-Herausgeber, wurden von mehreren Seiten als „absurd“ bezeichnet. Vielmehr werde ein alleiniger Chefredakteur gesucht, als Kandidaten genannt werden dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner, der stellvertretende „Bild“-Chefredakteur Nikolaus Blome und Gabor Steingart, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Verlagsgruppe Handelsblatt. Wem die Aufgabe noch zugetraut wird, dürfte an diesem Montag das Thema an der Ericusspitze sein. sop

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