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Medien: Springer an die Macht?

Was Politiker zu der geplanten Übernahme von ProSieben Sat 1 durch das Verlagshaus sagen

Das Kräfteverhältnis in der deutschen Medienlandschaft wird sich verändern, sollte Springer die Mehrheit der ProSieben Sat 1 Media AG (P7S1) übernehmen. Mit einem addierten Gesamtumsatz von 4,2 Milliarden Euro bliebe der Abstand zur Nummer eins im Markt zwar mehr als deutlich – Bertelsmann setzt 17 Milliarden um. Es stellt sich jedoch die Frage, wie Springer mit der hinzugewonnenen Marktmacht umgehen würde. Springer- Manager schütteln verständnislos den Kopf, wenn sie von Befürchtungen hören, das Medienhaus könnte künftig über ein gezieltes Zusammenspiel von Printmedien und Fernsehen Stimmung machen und eigene Interessen verfolgen. Es gehe beim Kauf der Senderfamilie nun wirklich nicht um die Übernahme der Weltherrschaft, sagen sie dann überspitzt. „Wir wollen einfach nur Geld verdienen.“ Fernsehen verspreche höhere Gewinnmargen als das Printgeschäft.

Wie berichtet, beginnt in wenigen Tagen die Phase, in der Springer Einsicht in die Bücher von P7S1 bekommt. Klappt alles nach Plan, ist der Handel Ende des Jahres in trockenen Tüchern. Rechtlich gibt es wenig Handhabe dagegen. Dennoch stößt vielen der Gedanke, Springer könnte bald auch die größte deutsche Fernsehgruppe dominieren, sauer auf.

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel hat sich bereits öffentlich bekannt. Als sie P7S1-Vorstandschef Guillaume de Posch vor zwei Wochen bei der „CDU-Media-Night“ in Berlin begrüßte, sagte sie, die CDU stünde „einem solchen Engagement sehr positiv gegenüber“. Dies habe „nichts damit zu tun, dass wir eine schwarze Medienmacht anstreben“.

Eine Tagesspiegel-Umfrage unter den medienpolitischen Sprechern der Fraktionen ergibt ein eindeutiges Bild. Mit Ausnahme von Günter Nooke (CDU) kritisieren alle den bevorstehenden Machtzuwachs für Springer. Für Nooke gilt: „Dass ein Unternehmen in verschiedenen Bereichen der Medienbranche tätig ist, kann zur wirtschaftlichen Stärkung des Unternehmens am Markt führen, muss aber nicht die Meinungsvielfalt gefährden.“ Positiv beurteilt er, dass die Gruppe nicht mehr in ausländischer Hand wäre und so „hoffentlich wieder Gewinne in Deutschland anfallen“. Generell regt Nooke eine Diskussion an, „wie sinnvoll es überhaupt ist, dass ausländische Unternehmen Mehrheitsbeteiligungen an deutschen Fernseh- und Hörfunksendern und an der Presse halten“. Das sieht Jörg Tauss von der SPD anders, obgleich sich vor einigen Jahren der Kanzler persönlich dafür eingesetzt hat, den Einstieg eines ausländischen Medienhauses in Deutschland zu verhindern. Tauss sagt, im Gegensatz zu ausländischen Investoren, denen es wirklich nur ums Geld gehe, habe der Springer-Verlag in der Vergangenheit bewiesen, dass er es sich – siehe „Welt“ – sogar sehr viel Geld kosten lässt, um Meinung zu machen. Selbst wenn beim Privatfernsehen nicht die Politik, sondern Quote und Unterhaltung im Vordergrund stünden: „Auch der Mangel an politischem Journalismus und das Weglassen von Nachrichten im Programm tragen zum Stimmungsbild bei.“

Grietje Bettin von den Bündnisgrünen bezeichnet die Vorstellung, dass „Bild“, „Welt“ und Pro 7 zu einem Konzern gehören, als „Schreckensszenario“. Springer habe durch „Bild“ schon jetzt eine bedenkliche Monopolstellung im Pressemarkt. Die Gefahr crossmedial ausgeübter Meinungsmacht würde unterschätzt. Dass die einzelnen Medienmärkte vom Kartellamt getrennt voneinander betrachtet würden, sei ein Beweis, wie unzeitgemäß das Kartellrecht sei.

Hans-Joachim Otto von der FDP ahnt bereits, wie bei Sat-1-Sendungen auf „Bild“-Artikel verwiesen wird und in „Bild“ Empfehlungen für Pro-7-Sendungen abgedruckt werden: „Einen liberalen Ordnungspolitiker, der Wettbewerb will, kann die Vorstellung von noch mehr Konzentration im Medienmarkt nicht glücklich machen.“ Anders als Bertelsmann habe Springer ein klares politisches Profil und übe Meinungsmacht aus. Daher appelliere er an Springer, öffentlich zu erklären, wie der Verlag Sorge dafür tragen will, möglichem Missbrauch von Meinungsmacht vorzubeugen.

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