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Spuren im Internet: Google dich schön

Im Internet gibt es diverse Servicedienste, mit denen sich jeder User von seiner besten Seite zeigen kann. Lebensläufe können so transparent und der eigene Ruf entsprechend aufpoliert werden.

Als Ellen Simonetti 2004 ihren Job verlor, ging die Nachricht um die Welt, als sei sie eine Managerin der amerikanischen Delta-Airlines – dabei arbeitet Simonetti bei der Fluggesellschaft nur als Stewardess. Für Aufsehen sorgte jedoch ihr Kündigungsgrund: Simonetti wurde wegen ihres Blogs im Internet gefeuert. Dort hatte sie als „Königin der Lüfte“ im Minirock posiert. Ihr war offenbar nicht bewusst, dass auch ihre Vorgesetzten im Netz unterwegs sind. Sonst hätte sie vielleicht ihre Online-Identität aufpolieren lassen. Anbieter wie ClaimID.com haben sich auf diesen Service spezialisiert. Der Nutzer kann sein eigenes Profil basteln, auf bevorzugte Seiten verweisen oder Suchergebnisse kommentieren.

In Deutschland wollen Seiten wie Yasni.de und Myonid.de dem Nutzer dabei helfen, sich im Netz von seiner schönsten Seite zu zeigen. Karrieretechnisch wird dies immer wichtiger. Denn viele Arbeitgeber sind längst „Online-Stalker“. So werden Leute genannt, die das Leben ihrer Mitmenschen im Internet durchstöbern. Fast 30 Prozent der Personalleiter in Unternehmen nutzen die virtuelle Welt, um die Vita von Bewerbern auf Vergangenheit, Kompetenzen, Meinungsäußerungen oder Hobbys abzuklopfen.

Inzwischen gibt es auch Spezialdienste, die sich auf Personenrecherchen spezialisiert haben, etwa die amerikanischen Portale Zoominfo.com oder Spock.com. Für die Suche nach deutschen Bewerbern gibt es Yasni.de. Noch laufen die meisten Suchen aber über Google: Jede dritte Eingabe bei der Suchmaschine ist ein Name. Und meist werden die Online-Stalker hier auch fündig. Jede Minute hinterlassen Millionen Menschen ihre Spuren in den diversen Portalen des Internets. Auch fast jeder fünfte Deutsche, hat der Branchenverband Bitkom errechnet. Sie schreiben ihre Gedanken und Vorlieben in soziale Netzwerke wie StudiVZ, Xing oder einen Blog – und machen ihr Leben auf diese Weise öffentlich. Es entsteht ein riesiges globales Archiv, von jedermann jederzeit abrufbar.

Damit das Netz nicht zum Karrierekiller wird, muss man nur seine Online-Identität richtig managen, belehrt Myonid.de. Mario Grobholz, Mitbegründer des Portals, verspricht sogar, die von den Nutzern erstellten Dossiers so zu bearbeiten, dass die Profile in den Google-Trefferlisten nach oben rutschen – und so unangenehme Einträge ins Abseits verdrängen.

Klingt verheißungsvoll, wir haben die Funktion per Selbstversuch überprüft: Nach der Anmeldung mit Name, Mailadresse und Wohnort wird das Netz nach Treffern zur eigenen Person durchsucht. Die Liste kann individuell sortiert, kommentiert und mit Schlagwörtern versehen werden. Heraus kommt eine Art geschönter Lebenslauf. Gibt man seinen Namen zwei Tage später bei Google ein, erscheint die Myonid-Adresse auf der ersten Seite, nach einer Woche sogar an dritter Stelle; aber ein eher unerfreulicher Eintrag landet trotzdem weiterhin ein paar Stufen darüber. Unerfreulich, weil man mit einem unpolitischen Text auf der Seite einer politischen Gruppe steht, der man sich in keinster Weise zugehörig fühlt.

„Wir können Dinge nicht ungeschehen machen, aber das Gute zusammenfassen“, erklärt Grobholz. Ob sich ein Personalchef tatsächlich davon beinflussen lässt, ist mehr als fraglich. „Ich bin misstrauisch, wenn es ein Bewerber nötig hat, seinen Lebenslauf zu schönen“, sagt der Chef eines Hamburger Unternehmens. Auch Computerexperten sind skeptisch. „Suchmaschinen sind ein sehr dynamisches Konstrukt“, sagt Holger Bleich von der Zeitschrift c’t. Die ließen sich nicht so leicht beeinflussen.

Was Myonid und Co. für private Internetnutzer sein wollen, gibt es für Firmen schon länger – und raffinierter: So genannte Suchmaschinen-Optimierer, die Instrumente entwickeln, um die Trefferlisten bei Google zu beeinflussen. „Unsere Ergebnisse setzen sich nach der Relevanz der Seiten zusammen“, sagt Stefan Keuchel von Google Deutschland. Je höher der Grad der Verlinkung, also die Empfehlung durch andere, umso höher die Listung bei Google. Wie genau Google arbeitet, ist geheim. Denn das virtuelle Facelifting ist ein regelrechter „Wettlauf zwischen Google und den Suchmaschinen-Optimierern“, sagt Keuchel. Manche Instrumente sind erlaubt, etwa die Verlinkung. Verboten ist indes der Kauf von Linkfarmen, das sind Seiten, die massenhaft auf die eigene verweisen.

Wer sich regelwidrig nach oben katapultieren will, den verbannt Google kurzerhand aus dem Suchindex. Auch BMW hat es schon erwischt. Weil der Autobauer an BMW.de manipuliert hatte, wurde die deutsche Startseite im Februar 2006 eine Woche lang nicht gefunden.

Lisa Wandt

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