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Peter Boudgoust

© dpa

Medien: Stacheln im Visier

Peter Boudgoust ist neuer ARD-Vorsitzender und würde dem Ersten gerne „den Stachel aus dem Fleisch“ ziehen.

Was so schmerzhaft piekst im Programm, sind nach seiner Ansicht die unterschiedlichen Startzeiten der „Tagesthemen“. Für einheitliche Termine zumindest von montags bis donnerstags kann sich der Intendant des Südwestrundfunks (SWR) künftig noch gewichtiger einsetzen – denn mit Jahresbeginn ist Boudgoust als Nachfolger von Fritz Raff ARD-Vorsitzender geworden. Das Amt wechselt unter den Intendanten der Anstalten in der Regel alle zwei Jahre. 2009/2010 wäre eigentlich der Hessische Rundfunk (HR) mit seinem Intendanten Helmut Reitze an der Reihe gewesen, doch Reitze lehnte aus „persönlichen Gründen“ ab.

Boudgoust, 54, Jurist und seit Mai 2007 SWR-Intendant, hat sich viel vorgenommen für die Zeit, in der er die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt. Nicht nur im Hinblick auf die „Tagesthemen“. Im Superwahljahr würde er gerne auch die politischen Magazine wie „Monitor“, „Panorama“, „Report“ oder „Kontraste“ stärken. „Die Unterscheidbarkeit der Magazine soll dabei nicht zerstört werden, aber die Zuschauer wissen bislang nicht, dass das Erste als einziges TV-Programm jede Woche zwei 30-minütige Politiksendungen im Angebot hat, die zu einem investigativen ARD-Gesamtpaket gehören“, sagte Boudgoust, als er sich kürzlich in Berlin der Presse vorstellte.

Kritik an EU-Überprüfung

Ein „schwerer Brocken“ ist für Boudgoust auch der von der EU geforderte Drei-Stufen-Test, mit dem künftig sichergestellt werden soll, dass die Online-Auftritte der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF nicht den Wettbewerb mit privaten Anbietern verzerren. Der Test sei sinnvoll, wenn es um die Überprüfung neuer Programme gehe, sagte Boudgoust: „Aber dass auch der Bestand überprüft werden soll, ist unnötig. Dadurch droht der Test zu einem bürokratischen Monstrum zu werden. Alles Jammern bringt jedoch nichts mehr, wir gehen die Aufgabe jetzt konstruktiv an.“

Zur verstärkten Zusammenarbeit rief er auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten auf. Sie müssten noch intensiver als bisher kooperieren, beispielsweise im Bereich Kultur. Zurzeit wird unter den Anstalten aber vor allem über die Ausstrahlung der Fußball-Bundesligaspiele am Sonntagabend diskutiert. So wie ARD-Programmdirektor Volker Herres plädiert auch Boudgoust dafür, „Anne Will“ auf ihrem Sendeplatz am Sonntagabend zu lassen, und strebt eine Lösung mit den Dritten Programmen an – profitieren wird die ARD in ihrer Gemeinschaft vom Rechteerwerb in jedem Fall, ist sich Boudgoust sicher: „Wir werden dadurch mehr jüngere Zuschauer erreichen.“

Mehr gute Filme vor 23 Uhr zeigen

Auch die Rechte für die Berichterstattung der Olympischen Spiele 2014 und 2016 werden für ihn weiter Thema bleiben. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte das Angebot der öffentlich-rechtlichen Sendervereinigung EBU, zu der auch ARD und ZDF gehören, als zu niedrig abgelehnt und verhandelt nun mit Sportrechteagenturen. „Die Kommerzialisierung des Sports hat vor der Rechtevergabe leider nicht halt gemacht“, sagte Boudgoust. Die ARD werde ihr Angebot aber nicht erhöhen. Wie ARD-Programmdirektor Volker Herres gibt auch Boudgoust zu bedenken, dass die öffentlich-rechtlichen Sender zwischen den Spielen eine breite Berichterstattung bieten. Gegebenenfalls müßte dieser Umfang überprüft werden, falls die Rechte nicht an ARD und ZDF gingen.

Einem „happy Problem“ will sich Boudgoust ebenfalls widmen: „Wir haben zu viele gute Filme für zu wenig gute Sendeplätze.“ Etwas neidisch schiele er rüber zum ZDF, das Sonntagabends um 22 Uhr 15 eine zweite Primetime für seine Krimis etabliert hat. Boudgoust will sich dafür einsetzen, dass auch im Ersten künftig deutsche Filme, die bisher oft erst nach 23 Uhr gezeigt werden, einen guten Sendeplatz finden. Das wären dann ein weiterer Stachel, den Boudgoust zieht. Sonja Pohlmann

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