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Medien: Starke Frauen

Mit „Anam“ beginnt die ZDF-Debütfilmreihe „Gefühlsecht“

Das Kopftuch ist das Symbol des Filmes „Anam“: In einer Szene streift die Titelheldin das Tuch vor den Augen des Ehemanns mit einer sehr bewussten Geste ab. Ein anderes Mal flattert es ihr zufällig vom Kopf, während sie sich lebenslustig durch das offene Dach eines fahrenden Autos in den Wind stellt. Akte der Befreiung sind das und deswegen besonders berührend, weil die türkischstämmige Autorin und Regisseurin Buket Alakus mit der Putzfrau Anam eine kraftvolle, authentische Titelfigur geschaffen hat. Und weil Hauptdarstellerin Nursel Köse die Anam so überzeugend und jenseits der üblichen Opfer-Klischees verkörpert.

Anam träumt davon, den Führerschein zu machen. Ihr Leben dagegen ist ein Albtraum: Der Ehemann betrügt sie, ihr Sohn Deniz ist drogenabhängig und aus dem Krankenhaus abgehauen. Etwas naiv, aber mit viel Energie geht Anam auf die Suche nach Deniz.

Traurig und zum Verzweifeln ist der Film in manchen Szenen, dann aber wieder humorvoll und lebensbejahend: große Gefühle im Milieu der kleinen Leute. Kaum zu glauben, dass „Anam“, der im Frühjahr 2002 als ein nicht allzu häufiger Lichtblick des deutschen Films im Kino zu sehen war, der Debütfilm einer ehemaligen Hamburger Filmstudentin ist. Buket Alakus setzte damit ihrer verstorbenen Mutter Fatma, die „unendliche Kraft“ hatte, eine Art Denkmal: „Nur Mütter, die sich selber emanzipiert haben, können ihren Töchtern neue Wege aufzeigen“, sagt sie.

Mit „Anam“ beginnt wieder die „Gefühlsecht“-Reihe des ZDF, in der „Das kleine Fernsehspiel“ alljährlich die Erstlingswerke junger Filmemacher zeigt. „Eine reiche Ernte“ sei es diesmal geworden, sagt Redaktionsleiterin Heike Hempel. So war „My Sweet Home“ (am 8. August) von Filippos Tsitos sogar ins Wettbewerbsprogramm der Berlinale 2001 aufgenommen worden, und auch „Mutanten“ (25. August) und „Bungalow“ (8. September) waren im vergangenen Jahr auf dem Filmfestival in Berlin zu sehen.

Neben starken Frauenfiguren in den ersten vier Filmen fällt auf, dass multikulturelle Stoffe stark vertreten sind. Allerdings ist der Untertitel der Reihe „Junge deutsche Filme 2003“ irreführend; die Werke sind wenigstens ein, häufig sogar bereits zwei Jahre alt. Zur Finanzierung sucht das ZDF Produktionspartner und nimmt Filmförderungsmittel in Anspruch, so dass sich die Ausstrahlung im Fernsehen verzögert. Dafür kann „Das kleine Fernsehspiel“ mit einem bescheidenen Etat von rund fünf Millionen Euro 40 Spiel- und Dokumentarfilm-Sendeplätze bestreiten.

„Die Quote ist kein Erfolgskriterium“, sagt Heike Hempel und verweist auf namhafte Regisseure wie Christian Petzold und Fatih Akin, die im „kleinen Fernsehspiel“ ihre ersten Filme vorstellten. Im Sender scheint sich diese Erkenntnis auch nach über 40 Jahren „kleines Fernsehspiel“ nicht recht durchgesetzt zu haben: Die letzten vier Filme der „Gefühlsecht“-Reihe beginnen mal wieder erst gegen Mitternacht.

„Anam“: 23 Uhr, ZDF

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