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Walz

© ddp

Styling-Show: Ich hab die Haare schön

"Spieglein, Spieglein“: Vox zeigt eine neue Styling-Show. Dabei wird niemand aufgehübscht, der hässlich ist, sondern die Hübschen werden noch hübscher gemacht, optimiert sozusagen.

Ausgerechnet jetzt? Jetzt, da Bruce Darnell dienstags bis freitags in der ARD beweist, wie man eine Beauty-Show so richtig an die Wand fährt? Jetzt denkt Vox daran, mit solch einem Format Quote zu machen? Die Bruce-Botschaft ist doch klar: Wir Deutschen wollen keine hässlichen Menschen sehen, die es aufzuhübschen gilt. Wir wollen fertige Schönheiten sehen, die bereits herumlaufen – Instant-Schönheit. Bei Pro Sieben funktioniert das bereits in der dritten Staffel.

Doch so blöd sind die Kochshow-Könige von Vox ja gar nicht. Deshalb wird ab heute Abend bei „Spieglein, Spieglein“ auch niemand aufgehübscht, der hässlich ist. Sondern die Hübschen werden noch hübscher gemacht, optimiert sozusagen. Das schaut sich schöner an.

Den Anfang macht Michaela. Ihre Nase sei zu „knollig“, sagt sie, und darum muss sich Dr. Michael Kremer kümmern. Eine weise Entscheidung, denn, wie der Fachmann zu berichten weiß, liegt die Nase in der Mitte des Gesichts (!) und ist deshalb ein „zentrales ästhetisches Merkmal“. Anders als etwa die Ohren, klärt der Doktor auf. Wenn die abstehen, könne man sie immerhin noch mit langen Haaren kaschieren. Michaela (langes blondes Haar) schaut Kremer mit großen Augen an und scheint sich zu fragen, ob mit ihren kleinen Ohren alles stimmt.

Fall Nummer zwei in Folge eins heißt Thilo. Das Gebiss des Anlageberaters hat große Lücken und soll mit „keramischen Verblendschalen“ zum Siegerlächeln ummodelliert werden. „Im Haifischbecken Finanzwelt“, sagt der Vox-Sprecher, gehöre dieses Lächeln nun einmal dazu. Es scheint fast unvermeidlich, dass bei all dem sprachlichen Unfug dann auch noch Udo Walz ins Bild wackelt. So ist der Irrsinn komplett. Walz ist Friseur, aber weil er schon ganz vielen Prominenten die Haare abgeschnitten hat, ist er irgendwie selbst prominent geworden. In „Spieglein, Spieglein“ schneidet er einer 21-Jährigen die Haare, klebt ihr frische Wimpern an – und kassiert dafür 450 Euro. Laut dem Vox-Sprecher sieht die Dame danach aus wie eine „Leinwand-Sexgöttin aus den Fifties“. Dafür sind 450 Euro ein Schnäppchen. Und prominent ist sie jetzt wahrscheinlich auch.

So ist dann wenigstens sie zufrieden, die Zuschauer können es zu diesem Zeitpunkt nicht sein. Während Walz und Kremer sich so durch die Show stylen, blubbert im Hintergrund der Sprecher sinnentleert daher, immer wieder auf dem Grat zwischen Infamie und Irrsinn wandelnd. Das ist schwer zu ertragen, selbst bei den vielen schönen Menschen.

Ein Glück also, dass „Spieglein, Spieglein“ nach einer guten halben Stunde auf die Zielgerade einbiegt. Es kündigt sich noch an, wen es in der nächsten Woche aufzuhübschen gilt: Marco hat 50 Kilogramm abgenommen – und jetzt einen wabbeligen Bauch. Er brauche eine Bauchstraffung, „weil er sonst wohl solo bleiben wird“, blubbert es im Off. So etwas würde Bruce nie sagen. Tim Klimeš

„Spieglein, Spieglein“; Vox, 17 Uhr

Tim Klimeš

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