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Von Mittwoch wieder auf den Sonntagsthron zurückgekehrt: Anne Will

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Update

Talk-Comeback von Anne Will: Angela Merkel hält Kurs, Anne Will auch

Anne Will talkt wieder am Sonntag - zur Flüchtlingspolitik. Kanzleramtschef Peter Altmaier dementiert Plan B der Kanzlerin.

Anne Will talkt wieder am Sonntg um 21 Uhr 45, und Angela Merkel ist immer noch Bundeskanzlerin. Das mit Will war ja erwartet worden. Sie hat nach viereinhalb Jahren „Günther Jauch“ den prominentesten Talkplatz im deutschen Fernsehen wieder übernommen. Und in dieser Zeit am Mittwoch gearbeitet, ihr Profil als talkende Journalistin geschärft, verfeinert, noch eine Schippe Souveränität draufgelegt. 4,4 Millionen Zuschauer (Marktanteil 14 Prozent) dankten es ihr.

Die Radikalen waren nicht geladen

Das hat ihr beim Comeback nur genutzt, als das Thema „Nach Köln – Höchste Zeit für eine neue Flüchtlingspolitik?“ in Rede stand. Anne Will wollte, sofort erkennbar, eine Debatte auf faktischer Grundlage, kein erhitztes Meinungsgetöse, eine Diskussion mit der gesellschaftlichen Mitte über die Haltung der Mitte. Bitte mit Ratio und Rationalität, mit Benimm und Beweisführung. Hatte was leicht Staatstragendes, da die radikaleren Teilöffentlichkeiten, die beim Thema die Stimmung antreiben und Stimmen gewinnen, vor der Studiotür bleiben mussten. Das kann man so machen, aber nur in solcher Formation wird das Generalthema in Deutschland nicht zu behandeln sein.

Anne Will  hat Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramts und Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, ins leicht veränderte Talkstudio nach Berlin-Adlershof einladen können. Da regiert neben Beige jetzt das Nachrichtenblau, ein Signal, dass „Anne Will“ eine überaus seriöse Veranstaltung sein will. Wenn Altmaier spricht, spricht Merkels Emissär. Er gab in keinem Moment zu erkennen, dass die Bundeskanzlerin nicht an ihrer Generallinie festhalten wird: Die Grenzen werden nicht geschlossen, eine Lösung der Probleme wird es nur im europäischen Verbund geben.

Peter „Buddha“ Altmaier dementierte damit auch „WeltN24“-Chefredakteur Stefan Aust, der von einem Plan B von Bundesinnenminister Thomas de Maizière wissen wollte, dass wenigstens die Grenze zu Österreich zugemacht werden soll. Aust gab sich nicht nur an dieser Stelle als Besserwisser und Alarmist zu erkennen, immerhin sagte er noch, dass er nur Journalist und kein Politiker sei.

Die entscheidende Frage kommt zu spät

Anne Will hätte Altmaier allerdings sehr viel früher nach Merkels Kurs fragen müssen, das hätte den 60 Minuten einen andere, sehr viel wichtigere Debattengrundlage geben können: Ist die Flüchtlingspolitik dieser Bundeskanzlerin, dieser Bundesregierung richtig oder falsch? Bis zu Altmaiers Bekenntnis hatte die Runde quasi alle Stichworte abgearbeitet, von der Abschiebung zum Einwanderungsland, von der Grenzschließung bis zur Integration.

Die Diskussion über die Millionen-Zuwanderung erfolgte quasi in ein und derselben Perspektive – in der Perspektive von Realität und Realismus. Heißt: Die Willkommenskultur ist von der Herausforderungskultur abgelöst worden. Da ist es zur Hysterie nicht weit - nicht in der Will-Runde, hier wurde neben der Analyse um die richtigen Konzepte gestritten. Allerdings mussten erst einmal die Wortungetüme wie „Staatsversagen“ und „Politikversagen“ aus dem Weg geräumt werden.

Die Politologin Gesine Schwan (SPD) reklamierte, die Merkel-Regierung dürfe nicht länger als Präzeptor in Europa auftreten, das habe die übrigen Länder mehr als verstimmt, weswegen Deutschland in der Flüchtlingspolitik die kalte Schulter gezeigt werde. Ahmad Mansour, Psychologe und Autor, nannte die Überfälle und Übergriffe in Köln nur die „Spitze eines Eisbergs“, sie könnten sich jederzeit wiederholen. Es gebe keine Konzepte für Integration, längst seien Parallelgesellschaften entstanden. Harte Vorwürfe, derentwegen aber keiner aus dem Studio rannte. Was zeigte, dass Mansours Aussagen als richtige Befunde akzepiert werden. Schlimm, ja sehr schlimm? Bestimmt, und doch ein großer Wert: Die Illusionen sind weg.

Anne Will schloss die Diskussion, wie sie den Talk begonnen hatte: cool.

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