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Umzug. Anne Will wird ab Herbst 2011 mittwochs um 22 Uhr 45 talken.

© NDR/Sandra Schuck

Talkshow-Karussell: Reden für Deutschland

Die Programmreform der ARD ist beschlossen: Ab Herbst 2011 gibt es fünf Talk-Runden an fünf Tagen. Warum Günther Jauch zu den Gewinnern gehört und Anne Will zu den Verlierern.

Wer als Programmmacher von ARD-Intendanten wirklich geschätzt werden will, der sollte eine Talkshow anbieten können. Die ARD wird ab Herbst 2011 fünf davon im ersten Programm haben – und zwar von Sonntag bis Donnerstag. Frank Plasberg, Anne Will und Reinhold Beckmann müssen dafür neue Plätze einnehmen, auch deswegen, weil mit dem neuen Schema die „Tagesthemen“ von Montag bis Donnerstag einheitlich um 22 Uhr 15 starten werden.

Nach der am Dienstag verkündeten Programmreform werden sich die Talks wie folgt verteilen: Neuzugang Günther Jauch wird für seine politische Gesprächssendung „Anne Will“ am Sonntag um 21 Uhr 45 verdrängen. Frank Plasberg rückt von Mittwoch auf Montag um 21 Uhr. Seine Talkshow „Hart aber fair“ bleibt bei 75 Minuten Sendelänge; für den neuen Plasberg-Platz wird die bisherige Dokumentation am Montag um 21 Uhr geopfert, sie wird aus der Prime Time herausgenommen und startet künftig um 22 Uhr 45. Auch die politischen Magazine am Montag – „Report“ aus Mainz und München sowie „Fakt“ – müssen wandern. Sie wechseln auf den Dienstag um 21 Uhr 45, was wiederum das Wirtschaftsmagazin „Plusminus“ zum Umzug auf den Mittwoch um 21 Uhr 45 zwingt.

Sandra Maischberger bleibt mit ihrem Talk bei 22 Uhr 45 am Dienstag. Ihr Status quo wie auch der sehr gute Sendeplatz für „Hart aber fair“ zeigen an, wer in der Intendantenrunde die Fakten geschaffen hat: WDR-Intendantin Monika Piel, zu deren Protegés Maischberger und Plasberg sich zählen dürfe. Günther Jauch gehört allen. Zur Einflusssphäre des NDR-Chefs Lutz Marmor gehören die Talkshows von Anne Will und Reinhold Beckmann. Alle drei gehören zu den Verliereren der Rochade. Anne Will, die sogar fürchten musste, vom ARD-Fleischtopf entfernt zu werden, empfängt ab Herbst 2011 ihre Gäste am Mittwoch um 22 Uhr 45. Es hat ihr wenig genutzt, dass sie die meisten Zuschauer aller Talkshows im Fernsehen holt, am Sonntag waren es beim Wikileaks-Thema knapp 4,8 Millionen.

„Beckmann“ läuft im nächsten Jahr am Donnerstag um 22 Uhr 45. Der Talker muss sich auf diesem Sendeplatz gegen „Maybrit Illner“ im ZDF und „Kerner“ bei Sat 1 behaupten. Allen ARD-Talkern hat Programmdirektor Volker Herres eines aufgegeben, nämlich „eine sinnvolle Abstimmung von Themen und bei der Gästeauswahl“. Mal sehen, wie das klappt, wenn Jauch und Plasberg binnen 24 Stunden zur Gästejagd im politischen Berlin blasen.

ARD-Programmdirektor Volker Herres ließ es sich nicht nehmen, die Konzentration der Dokus, Dokumentarfilme und Features von derzeit Montag um 21 Uhr und Mittwoch um 23 Uhr 30 auf einen Termin am Montag um 22 Uhr 45 als „bessere Chancen“ für das journalistische Genre zu bemänteln. Als „besonderes“ Trostpflaster für die Verdrängten darf gelten, dass in der talkfreien Fernsehzeit, vor allem im Sommer, Dokus an die Talk-Stelle rücken. Platzhalter, Lückenbüßer – die Dokumentaristen können es sich aussuchen.

Der scheidende ARD-Vorsitzende, SWR-Chef Peter Boudgoust, wusste kaum, wohin mit dem Selbstlob: „In einer Zeit, in der Politikberichterstattung und gesellschaftlich relevante Themen bei der kommerziellen Konkurrenz kaum mehr eine Rolle spielen, setzt die ARD mit der Vereinheitlichung der Tagesthemen-Anfangszeiten, mit fünf exzellenten Talkshows und festen Sendeplätzen für Dokumentationen, Dokumentarfilme und politische Magazine ein klares Signal für den Mehrwert öffentlich-rechtlichen Fernsehens.“ Schöner hätte es seine Nachfolgerin, schöner hätte es Monika Piel nicht formulieren können.

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