zum Hauptinhalt
„Wo ist die Marie?“ Schritt für Schritt arbeiten sich Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) im Mordfall des Geldboten eines Wiener Großkriminellen voran.

© ARD Degeto/ORF/Hubert Mican

"Tatort" aus Wien: Das geht sich nicht gut aus

Der ORF-„Tatort“ unterhält mit tragikomischer Story im Wiener Ganoven-Milieu mit Retro-Look und und viel Selbstironie.

Im Rotlichtviertel am Wiener Gürtel hat der „Dokta“ das Sagen, ein in die Jahre gekommener Gangster-Boss mit absonderlicher 80er-Jahre-Frisur, den nichts mehr aus der Ruhe bringen kann. Bald soll es in den Ruhestand gehen, der Dokta baut schon einen Wein an, und wenn ihn die Polizei zum Verhör bittet, packt ihm Frau Dokta ein Butterbrot und ein hartgekochtes Ei ein. Dabei hat er sich mit Polizei und Justiz längst geeinigt - auf eine „österreichische Lösung“, wie Kommissar Eisner spottet. Man geht sich gegenseitig nicht allzu sehr auf die Nerven, und wenn der Dokta zum Grillfest lädt, kommen gerne auch Vertreter aus Politik und Behörden.

Allerdings ist dem Dokta eine Tasche mit Schwarzgeld abhanden gekommen, die alle zwei Wochen vom legal versteuerten Umsatz abgezweigt und außer Landes geschafft wird. Sein als Gangster eher überforderter Ziehsohn mit dem sehr bezeichnenden Namen Pico Bello (Christopher Schärf) sowie Edin Gavric (Aleksandar Petrovic), ein Ganove, der gerade Vater geworden ist und deshalb nur noch E-Zigaretten raucht, hatten die „Monopoly-Tour“ übernommen. Doch auf einem Feldweg im Burgenland wurden sie überfallen, Gavric wurde erschossen und ein maskierter Unbekannter ist mit dem Geld über alle Berge.

Der neue ORF-„Tatort: Her mit der Marie“ mit Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seiner Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser), die ja auch schon in ausgesprochen düsteren Episoden wie dem 2014 mit einem Grimme-Preis ausgezeichneten Film „Angezählt“ ermittelten, erfreut mit dem speziellen, bisweilen makabren österreichischen Humor, mit Selbstironie und lustvoll überzeichneten Figuren. Wie etwa der wunderbare Erwin Steinhauer, in Deutschland unter anderem aus der „Polt“-Reihe bekannt, den Dokta zugleich gemütlich wie bedrohlich spielt, ist ein Vergnügen für sich.

Ironie-Dreieck Wien-Münster-Erfurt

Das Milieu ist Klischee pur und soll es auch sein. Drehbuch (Stefan Hafner, Thomas Weingartner) und Regie (Barbara Eder) haben es, nicht nur was die öligen Frisuren betrifft, im Retro-Look angelegt. Pico, der großspurige Möchtegern-Ganove, fährt gerne Oldtimer. Und wenn die Polizei mit Kontrollen die Amüsier-Welt des Doktas aufmischt, erinnert die Inszenierung an Krimiserien verflossener Jahrzehnte, mit Splitscreen und einer Musik, die nach „Magnum“ klingt.

Mit Münster und Weimar bildet das Wiener Team gewissermaßen das Humor-Dreieck der „Tatort“-Reihe. Dabei bietet das freundschaftliche Verhältnis zwischen Eisner und der nach wie vor mit dem Alkohol kämpfenden Fellner bei allem Klimbim immer auch einige tiefe, ernsthafte Momente. In „Her mit der Marie“ spielt aber endlich wieder Fellners alter Kumpel Inkasso-Heinzi (Simon Schwarz) eine bedeutende Rolle. Er hat in seiner Kfz-Werkstatt ordentlich zu tun, doch schnell deutet einiges darauf hin, dass Heinzi der maskierte Räuber von Doktas Marie war. Heinzi ist die klassisch tragikomische Figur des ewigen Verlierers, die immer neuen und immer vergeblichen Anlauf für ein besseres Leben nimmt. Was er auch anpackt, geht sich nicht gut aus, wie man in Österreich sagen würde.

„Tatort“: Her mit der Marie“, ARD, Sonntag , 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false