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Im Angesicht des Verbrechens. Meret Becker und Mark Waschke.

© dpa

„Tatort“-Duo Becker und Waschke: Knall und Fall

Kopf oder Bauch? Das neue Berliner „Tatort“-Duo, gespielt von Meret Becker und Mark Waschke, soll Gegensätze vereinen. Das zeigt sich auch in der Wahl des Kommissariats.

Mann und Frau, Ost und West, Boxklub und Uni, Emotion und Intellekt – wer sich das Profil des neuen „Tatort“-Ermittlerteams aus Berlin anschaut, den beschleicht das Gefühl, dass hier ja quasi nichts ausgelassen werden soll. Nina Rubin und Robert Karow, beides sind waschechte Berliner, stammen aus unterschiedlichen Milieus, aus Wedding und Pankow. Das sind schon mal die Eckpunkte des neuen Berliner „Tatorts“, die der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Donnerstag vorstellte.

Rubin und Karow? An diese Namen muss man sich nach über zehn Jahren Ritter (Dominic Raacke) und Stark (Boris Aljinovic) im Berlin-„Tatort“ sowieso erst noch gewöhnen. Anders als bei den Darstellern Meret Becker und Mark Waschke. Die kennt man, die sind berühmt. Vor allem der theatererfahrene Waschke, 41, gebürtiger Westfale, Absolvent der Schauspiel-Hochschule Ernst Busch, hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche Filmkarriere hingelegt („Barbara“, „Unsere Mütter, unsere Väter“, „Buddenbrooks“). Meret Becker, 45, Wahl-Berlinerin, wurde in den 1990ern bekannt in Sönke Wortmanns Kinofilm „Kleine Haie“. Es folgten tragende Rollen in Margarethe von Trottas „Das Versprechen“ oder „Comedian Harmonists“, zuletzt „Feuchtgebiete“.

"Otto sagte: ,Ja, mach' es!'"

Beide ließen sich, entspannt und in Schwarz gekleidet, im exklusiven Soho-Club, Berlin Prenzlauer Berg, über ihre Motivation befragen. Sie habe schon ein paar Tage darüber geschlafen, als das Angebot des RBB kam, sagt Becker. Sie brauche Zeit für Kino und Musik. Ab April geht sie wieder auf Tournee. Der „Tatort“ habe in den vergangenen Jahren mit den verschiedenen Neu-Besetzungen und Konzepten aber einen anderen Status bekommen. „Zum Schluss habe ich noch Otto gefragt, ob ich das ,Tatort’-Angebot annehmen soll, und er hat gesagt: Ja! Damit war die Sache für mich klar.“ Mit „Otto“ meint sie Otto Sander, ihren Stiefvater, der im September vergangenen Jahres verstorben ist.

Es hätte sich einfach gut angefühlt, sagt Becker. Kann sogar sein, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn Otto Sander noch leben würde. „Otto stand für Intellekt, aber auch für Volksnähe, genauso soll der neue Berliner ,Tatort’“ auch sein.“ Die Figur Nina Rubin mit ihrer Kindheit im Boxklub habe sehr viel mit der Stadt zu tun, die Becker sehr liebe. „Die Rubin birgt ein gewisses Chaos, hat ein großes Herz.“

Kollege Karow, ein Junggeselle, hingegen verfügt über hohe Abstraktionsfähigkeit, einen Sinn für Ironie und absurden Humor. Ein Theatergeher. Mark Waschke ist es wichtig, seine Arbeiten an der Schaubühne sowie im Film und Fernsehen neben den zwei „Tatort“-Drehs im Jahr weiterzuverfolgen. „Man wird ja sehr schnell mit so einer Rolle identifiziert. Aber: Es ist nur eine Rolle, mit einem sehr überzeugenden Konzept.“

Berlin soll stärker in den Fokus rücken

Für das vor allem RBB-Filmchefin Cooky Ziesche steht. Anders als bei den Kommissaren Ritter und Stark wolle man Berlin stärker in den Fokus rücken. „Wir haben uns auch gefragt, wie können wir in diesem bunten ,Tatort’-Feld am Sonntagabend noch eine andere Farbe setzen.“ Kiez und Weltstadt, Stadtlandschaft, darin zwei Figuren, die sich aneinander reiben, und – natürlich – auch von einem multikulturellen Team begleitet werden, darunter ein Computerspezialist sowie eine junge iranische Gerichtsmedizinerin, die sich dem Koran verpflichtet fühlt und bei der Arbeit schon mal mit dem religiösen Gewissen in Konflikt gerät. Im Islam müssen die Toten nach drei Tagen unter die Erde.

Der RBB hat sich also einiges vorgenommen. Der erfahrene Autor Stefan Kolditz („Unsere Mütter, unsere Väter“) soll Rubin und Karow mit dem ersten Drehbuch in die richtige Spur bringen und auch an der weiteren Figurenentwicklung beteiligt sein. Nebendarsteller und Regisseur werden noch gesucht, das erste Thema nicht verraten. Eine „moderne Erzählweise“ solle es sein, so Ziesche. Ob man sich dafür zum Beispiel auch einen Dominik Graf mit seiner ganz eigenen Bildsprache und Produktionsweise leisten wolle oder könne? Das lässt die RBB-Filmchefin dahingestellt. Man sei experimentierfreudig: „Wir wollen alles wagen“, so Ziesche. Und: „Es gibt viele gute Regisseure in Deutschland.“

Im Herbst starten die Dreharbeiten zum ersten neuen Berliner „Tatort“. Die Ausstrahlung ist für Frühjahr 2015 vorgesehen. Das Verbrechen wird dann aus einem Revier in Friedrichshain-Kreuzberg bekämpft, wo, na klar, Akademiker aus dem Osten und Proletarierin aus dem Westen aufeinanderprallen.

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