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Verletzte Gefühle: Seine Frau will Kommissar Bootz (Felix Klare) verlassen.

© SWR/Stehanie Schweigert

Tatort: Knallhartes Gangsterdrama aus dem Schwabenländle

Gefühl und Härte: Jetzt haut auch die Frau von Kommissar Bootz ab, dem letzten Tatort-Ermittler, der überhaupt noch eine hatte. Dafür fliegen am Ende die Fetzen.

„Ich habe jemanden kennengelernt. Ich verlasse dich, du hast nichts falsch gemacht.“ Wow. Nun hat auch der letzte TV-Ermittler des deutschen Fernsehens seine Frau verloren. Und das im sonst eher biederen „Tatort“ aus dem Schwabenländle. Kommissar Sebastian Bootz alias Felix Klare ist der Dumme. An der Seite des Kollegen Thorsten Lannert/Richy Müller gibt er seit Jahren den glücklichen, ziemlich emanzipierten Familienvater mit zwei Kindern, der während der Arbeitszeit zu Hause vorbeischaut, während Single-Cop Lannert, der Frau und Kind bei einem tragischen Unglück verlor, seinen Blues schiebt. Ab sofort können beide zusammen leiden. Holger Karsten Schmidt, Erfinder dieser Kommissare, hat ihnen mit „Spiel auf Zeit“ dann gleich mal ein für Stuttgarter Verhältnisse ungewohnt knallhartes Gangsterdrama auf den Leib geschrieben, das kaum Zeit für Privates lässt.

Beim Überfall auf einen Gefangenentransport wird der Häftling Volker Zahn befreit, ein Polizist getötet. Aus dem Gefängnis meldet sich Victor de Man (Filip Peeters). „Tatort“-Fans kennen den Mann. Vor zwei Jahren wurde der Waffenschmuggler von Lannert hinter Gittern gebracht. Nun bietet er Informationen gegen Hafterleichterungen an. Die Frage, die bei diesem Fall über allem schwebt: Darf man einem Verbrecher vertrauen? Die „Tatort“-Ermittler in Stuttgart sind uneins. Während Lannert den Nietzsche zitierenden Kriminellen („Gehst du zum Weibe …“) gut aus seiner Zeit als verdeckter Ermittler kennt und ihm vertraut, bleibt Bootz skeptisch.

Die Uhr tickt. Die Polizei rechnet mit einem Groß-Coup von Zahns Bande, die mit Narkosegas, Hightech und Sprengsätzen hantiert, innerhalb weniger Stunden. Viel Zeit für gründliche Überlegungen und Diskussionen bleibt da nicht.

Auch nicht für die weitere Aufarbeitung der Eheprobleme von Kommissar Bootz. Ein reizvolles Nebeneinander: die Gewaltbereitschaft und Rücksichtslosigkeit der Gangster, dazu die Gefühlsimplosionen einer sich in Auflösung befindlichen Kleinfamilie am Abendbrottisch. In einer Szene will Ehemann Bootz den Nebenbuhler kennenlernen. Mit der Faust in der Tasche fährt er zu ihm, dem Vater eines Schulfreunds seines Sohnes, und muss erkennen, dass das mit der Rache – wohin mit meinen verletzten Gefühlen? – nicht immer so einfach ist.

Bootz stiefelt daraufhin, Adrenalin-geladen, wie Tom Cruise zum Final Countdown: zu Zahn und seinen schweren Jungs, zu de Man und Lannert an einer Bahnschranke mit einem überfallenen Geldtransporter. Das hat dann leider viel von „Alarm für Cobra 11“. Dennoch: unbedingt anschauen. Ein guter Krimi aus Stuttgart, stimmig inszeniert von Roland Suso Richter. Möge Bootz hiernach nicht ins Leere fallen.

„Tatort“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15

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