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"taz"-Interview mit Olaf Scholz: Das Wunder von Berlin

Norbert Thomma über die „taz“ und das Autorisieren von Interviews Das Verhältnis von Politikern und Journalisten ist …, na ja: geht so! Manchmal reden Politiker und Journalisten miteinander und lassen ein Tonband mitlaufen.

Norbert Thomma über die „taz“ und das Autorisieren von Interviews

Das Verhältnis von Politikern und Journalisten ist …, na ja: geht so! Manchmal reden Politiker und Journalisten miteinander und lassen ein Tonband mitlaufen. Das nennt man Interview. Den fertigen Text bekommen die Politiker zum Durchlesen; falls sich da und dort ein Fehler oder ein falsches Wort eingeschlichen hat, darf korrigiert werden. Was einst als Agreement zum filigranen chirurgischen Eingriff gedacht war, gerät nicht immer, aber immer öfter zur wüsten Metzelei, „Gladiator“ ist nichts dagegen. Vom ursprünglichen Interview bleiben dann nur Blut und ein paar Fetzen, dem Journalisten bleiben die Tränen.

Deshalb initiierte die „taz“ für vergangenen Freitag ein Bündnis gegen den „Missbrauch des Interviews“. Denn die „taz“ hatte beim Parteitag der SPD mit Generalsekretär Olaf Scholz gesprochen. Der soll dann den Abdruck des Interviews verboten haben, unter anderem wegen unbotmäßig frecher Fragen. Eine Reihe von Zeitungen beteiligte sich an diesem Bündnis, darunter der Tagesspiegel.

So macht der Beruf als Journalist echt keinen Spaß mehr. Die „taz“-Chefredakteurin Bascha Mika schrieb sich also den Frust vom Herzen: „Um das geänderte Interview durchzudrücken, wird die Autorisierungszeit oft systematisch überschritten, bis für die Blattmacher kaum mehr die Möglichkeit besteht, auf den geplanten Text zu verzichten.“

Auch die „Berliner Zeitung“ war dem Bündnis beigetreten. Auf der Medienseite wurde ausführlich die Problematik der Autorisierung dargestellt. Schlimme Finger wurden namentlich erwähnt, etwa die Moderatorin Maybrit Illner, deren Korrekturen „eindeutig Mammuthöhe“ erreicht hätten; dazu auch: „Und die Chefredakteurin der taz, Bascha Mika, forderte einst den Stopp der Druckmaschinen, weil sie ihr Interview noch nicht autorisiert hatte.“ (Ob es sich um eine systematische Zeitüberschreitung handelte, ist nicht bekannt.) Der Satz mit Frau Mika findet sich allerdings nur in der frühen Ausgabe. Später war er wundersam weggezaubert, David Copperfield ist nichts dagegen.

Dafür schrieb die „taz“ über Joschka Fischer, er „autorisiert am Ende alles, auch den Streit“. Die „Berliner Zeitung“ kennt vom Außenminister, dass er „im Zustand schlechter Laune … nicht mehr zufrieden ist mit dem, was er gesagt hat. Autorisierung ausgeschlossen“. Das nennt man Meinungspluralismus. Der Branchendienst „kress.de“, übrigens, stellte die Frage: „Autorisier-Protest der Zeitungen – was bringt’s?“ Die meistgenannte Antwort (42 Prozent): „Chefredakteure sollten mit gutem Beispiel vorangehen und bei Interviews nicht mehr umschreiben.“ Das Verhältnis von Journalisten zueinander ist manchmal …, na ja: geht so!

Gestern dann feierte die „taz“ Peter Gauweiler als Engel der Autorisierung. Ja, ausgerechnet den RA Gauweiler. Ein Adventswitz? Eher Blödheit und gar nicht zum Lachen.

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