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Medien: Teile und sende!

ARD/ZDF und Privatsender wollen künftig TV-Sportrechte gemeinsam nutzen

„Dabeisein ist alles“ ist ein ehrenwertes, ein olympisches Motto. In der Praxis glänzt es weniger schön. Oder will RTL bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin über Stunden den Ski-Langlauf übertragen? Sat 1 bei Olympia 2008 in Peking dem Publikum vorführen, wie attraktiv Bogenschießen sein kann? Die Chancen bestehen. ARD und ZDF überbieten sich gerade in ihrem Willen, mit den Privatsendern über eine Verteilung der Fernsehrechte bei den nächsten Olympischen Spielen zu verhandeln. ZDF-Intendant Markus Schächter sagte: „Wir sind bereit, bei Großveranstaltungen wie Olympia die Rechte mit Privatsendern zu teilen.“ WDR-Intendant Fritz Pleitgen sekundierte, man sei bereit, umfangreiche Übertragungslizenzen abzugeben. Für Athen 2004 mussten die beiden Sender 73 Millionen Euro bezahlen, für Turin 2006 und Peking 2008 sind es 115 Millionen Euro.

Der Wille zum Teilen kommt weniger aus finanziellen Erwägungen und nicht aus eigenem Antrieb, sondern wird aus Details des neuen Olympia-Vertrages gespeist, den ARD und ZDF über die Europäische Rundfunk Union (EBU), deren Mitglieder sie sind, für Olympia bis 2012 abgeschlossen haben. Der Kontrakt verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Sender dazu, Sublizenzen an andere Fernsehanbieter zu vergeben. Darauf bestehen die Wettbewerbshüter der Europäischen Union, andernfalls hätten sie – wie das beim Bieterwettbewerb unterlegene Abo-Fernsehen Premiere – auf ein Einkaufskartell erkannt, das es zu verhindern (EU), respektive zu brechen (Premiere) gilt.

Wie TV-Rechte an hochkarätigen Sport-Events zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern verteilt werden können, dafür gibt es ein aktuelles Beispiel. Für die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland werden die 64 WM-Spiele zwischen ARD, ZDF, RTL und wahrscheinlich Premiere aufgeteilt. Der Löwenanteil im so genannten Free-TV liegt mit 48 Spielen bei ARD/ZDF, der Privatsender RTL bescheidet sich mit acht Partien, Premiere wird wohl beim Rest und im Pay-TV-Bereich dabei.

Die Verteilung erfolgte nicht nach Gutdünken, sondern folgte in erster Linie der wichtigsten Frage: Wer zahlt dem Rechteinhaber Infront das meiste Geld? Das waren eben ARD und ZDF. Sie konnten aus dem Spiele-Katalog auswählen, was das Portemonnaie hergab, erst dann kam die private Konkurrenz zum Zug. Trotzdem, hier wurde ein Anfang gemacht: eine Sportveranstaltung bei mehreren Sendern beider Systeme. Das kann auch bei Olympia funktionieren. RTL-Informationsdirektor Hans Mahr bestätigte dem „Handelsblatt“ Interesse an entsprechenden TV-Rechten, allerdings nicht an Rechten für bestimmte Olympia-Tage, sondern an Lizenzen für einzelne Sportarten wie Rudern oder Schwimmen.

Bei einer Fußball-WM sind nahezu alle der 64 Partien für eine sehr hohe Einschaltquote gut, die EM 2004 hat es gezeigt. Diese Quoten erlauben den Privatsendern eine Refinanzierung über Werbung. Bei Olympia liegt der Fall anders. 31 Sportarten in Athen bringen 301 Entscheidungen, die über einen ganzen Tag verteilt werden. Mehr als neun Millionen Zuschauer wie beim 200-Meter-Finale mit Franziska van Almsick sind selten.

Die Verhandlungen über Olympia im Privatfernsehen werden sich just auf diese Fragen konzentrieren: Wer darf die massenattraktiven Wettbewerbe übertragen? ZDF-Intendant Schächter hat schon gedroht, eine Disziplin „Rosinen picken“ nach dem Motto: die populären Sportarten fürs Kommerzfernsehen, den Randsport für die Öffentlich-Rechtlichen, werde es mit ihm nicht geben. Den Privatsendern waren für die Spiele in Athen bereits Fernsehrechte angeboten worden. Sie hatten abgelehnt – ARD und ZDF hatten sich längst die Rosinen gepickt.

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