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Medien: Tiger zu Ostern

Bridget Jones, Pearl Harbor und natürlich der Papst: Ein Führer durch das Fernsehprogramm der Feiertage, an denen die Sender die großen Hollywoodfilme der letzten Jahre aufbieten

Beschaulich beginnt der Ostersonntag im Fernsehen. Zum Kaffeetrinken bekommen die, die nicht weggefahren sind, Harmonie, Nostalgie, kurz Wiederholungen serviert: der späte Heinz Erhard in „ Willi wird das Kind schon schaukeln “ (ARD, 15 Uhr 35), davor das Abenteuer „ Der Tiger von Eschnapur “ (ZDF, 13 Uhr 25). Immerhin noch etwas unangekratzter: ziemlich starke Frauen – in der USKomödie „ Verrückt nach Mary “ (RTL, 14 Uhr) mit Cameron Diaz und Ben Stiller mit verdächtigem Gel im Haar – und in einem der besseren Baseball-Filme: „ Annies Männer “ (Sat1, 14 Uhr) mit dem großartigen Schauspieler-Ehepaar Susan Sarandon und Tim Robbins.

Pflichtprogramm am Ostersonntag natürlich: „ Ostern in Rom “ (ARD, 10 Uhr 25), die Live-Messe vom Petersplatz mit dem anschließenden Segen „Urbi et orbi“. Das ZDF startet seine religiösen Beiträge bereits um 9 Uhr 30 mit einem evangelischen Gottesdienst aus der Schlosskirche der Insel Mainau. Darüber hinaus hat das Zweite noch zwei interessante Feiertags-Specials im Angebot: „ Göttliche Geschäfte “ (ZDF, 19 Uhr 15) gibt einen Einblick in das „Wirtschaftsunternehmen“ Kloster Andechs, und der Film „ Vatikan – Palast der Ewigkeit “ (Ostermontag, ZDF, 19 Uhr 30) zeigt Orte im Kirchenstaat, die zuvor noch nie für Kamerateams zugänglich waren. Zu sehen sind die Sakristei des Papstes, die Schatzkammer und die Katakomben, für eine Milliarde Katholiken ist das der Mittelpunkt der Welt.

Am Abend des ersten Feiertags hat der Zuschauer die Qual der Wahl. 20 Uhr 15 – da ist ein wiederholter Spielfilm sehenswerter als der andere und nebenbei kann man noch einige Traumpaare Hollywoods vergleichen. Vermutlich haben Singlefrau Renée Zellweger und der ewig hibbelige Hugh Grant als ihr Chef die Nase vorn. „ Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück “ (ARD, 20 Uhr 15) war mit vier Millionen Zuschauern einer der erfolgreichsten Kinofilme 2001. Method acting nennt man das wohl: Die Zellweger futterte sich zehn Kilo für ihre Rolle an und erhielt eine Oscar-Nominierung. Plötzlich waren Pfunde wieder in, und Gott sei Dank hat dieser Trend seit dieser Liebeskomödie bis heute nicht nachgelassen. Der zweite Teil kommt übrigens Ende 2004 in die Kinos.

Oder vielleicht doch lieber der Fast-Untergang des amerikanischen Imperiums in „ Pearl Harbor “ (RTL, 20 Uhr 15) 150 Millionen Dollar setzt Produzent Jerry Bruckheimer („Armageddon“) 2001 in den texanischen Sand, ein recht pathetischer Schlachtenstreifen über das größte US-Trauma vor dem 11. 9. 2001: den Angriff der Japaner auf der Stützpunkt Pearl Harbor, 1941. Kate Beckinsale als Krankenschwester und Ben Affleck als Flieger sind sicher schöner, zumindest heroischer als Zellweger/Grant.

Und wohl auch als Al Pacino und Russell Crowe. Die sind das Herz des 1999 gedrehten Dramas „ Insider “ (Sat1, 20 Uhr 15). Russell Crowe schaffte noch mehr als Renée Zellweger, er fraß sich 22 Kilo an, um den fettleibigen Laborleiter eines Tabakkonzerns zu spielen, der TV-Produzent Bergman (Pacino) beim Kampf gegen die schlimme Tabakindustrie hilft. Michael Mann inszenierte diese intelligente Skandal- und Kriminalgeschichte, und das machte er fast so gut wie bei „Heat“ vier Jahre vorher, einem der besten Al-Pacino-Filme überhaupt.

Die einzige Spielfilm-Premiere versteckt sich am späten Sonntagabend auf Sat 1: „ Memento" (23 Uhr 20) von Christopher Nolan, einer der ungewöhnlichsten und innovativsten Filme seit „Pulp fiction“ und „Die üblichen Verdächtigen“. Ein faszinierender Noir-Krimi, der konsequent Szene für Szene rückwärts erzählt. Guy Pearce spielt einen armen Kerl, der sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat und den Mörder seiner Frau sucht. Das Rückwärtserzählen versetzt den Zuschauer zunächst in die gleiche Lage wie den Protagonisten, doch dann fügen sich die Puzzleteile zusammen, und man erfasst das Ausmaß der Tragödie. Amnesien des Helden sind ein beliebter, dramatischer Autoren-Kniff (wie zum Beispiel im Kinofilm „Der Maschinist“, der auf der Berlinale lief) – aber das hier hatte noch keiner gewagt.

Komödie, Krieg oder Wirtschaftskrimi? Viel Streit also am Sonntagabend – bei nur einem Fernseher im Haushalt.

Ostermontag dürfte die Sache klar sein. 20 Uhr 15. ARD. „ Tatort “-Zeit. Mit einem der beliebtesten Ermittler-Teams: Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär. Keine TV-Cops können so schön nachdenklich Currywürste essen wie Behrendt/Bär nachts am Rhein. Nach einigen blutrünstigeren Ausgaben des Krimiklassikers lassen es die Kölner Kommissare diesmal etwas leiser angehen, nach einem Mord im Altersheim. Nach diversen Reportagen in Polit-Magazinen wurde es mal Zeit, dass sich die Autoren des Themas Pflegenotstand, sprich menschenunwürdige Zustände in Seniorenheimen annehmen. Auch eine Art Methusalem-Komplott …

Einer wird schmerzlich fehlen an diesem Fernseh-Wochenende: Olli Dittrich als „Dittsche“ im WDR. Das wirklich wahre Leben, übertragen aus einem Hamburger Imbiss, macht Osterpause. Olli Dittrich im Bademantel, der die Welt erklärt. Großartig. Kult. Mindestens Grimme Preis verdächtig. Nächsten Sonntag wieder: unbedingt anschauen.meh

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