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Medien: Todsünden-TV

Die Show „Judas Game“ bricht ein weiteres Tabu: Du sollst nicht lügen

„Judas Game“ heißt reißerisch der Titel der neuen, von Endemol produzierten Gameshow auf Kabel 1, die kurz nach dem DschungelAusflug von RTL das Zeug zu einer neuen Empörungswelle über das Privatfernsehen hat. Denn hier wird das Schlechte im Menschen – Lüge und Verrat – mit Geld belohnt.

Die Regeln: Sechs Menschen sitzen im Kreis und erzählen ihre Schicksale, die wahr oder erlogen sein können. Jeder muss begründen, warum er dringend 40 000 Euro benötigt, die es tatsächlich zu gewinnen gibt. Ein Kandidat will seiner durch einen Unfall entstellten Mutter die Operation bezahlen, ein anderer möchte sich nach überstandener Krebserkrankung eine Weltumseglung leisten. In vier Runden wird jeweils der Unglaubwürdigste herausgewählt.

Angeblich nur einer der Sechs, der „Judas“, erzählt eine frei erfundene Geschichte. Der „Judas“ spielt allerdings, anders als der Titel suggeriert, kaum eine Rolle, weil sowieso jeder jedem misstraut. Statt wahr oder unwahr wird verhandelt, wer das Geld „verdient“ hat. So werden Schicksale gegeneinander ausgespielt. Bei Vier-Augen-Gesprächen im „Verschwörungszimmer“ werden hinter dem Rücken der anderen Absprachen getroffen, wer wen heraus wählt. Dabei werden fortlaufend Treueschwüre abgelegt, die ebenso schnell wieder gebrochen werden. Ein weiteres Tabu wird gebrochen: Wer mitspielt, muss mitlügen. Doch wozu? Um dem Zuschauer menschliche Abgründe vorzuführen?

Und noch eine Frage bleibt: Was ist nur mit Kabel 1 los, dem braven Retro-Sender? Vor allem die Nähe zum Sprachgebrauch der Nazis, die „Judas“ als Hetzwort gegen die angeblich lügnerischen Juden benutzten, stieß den Kritikern auf. Den Vorwurf des Antisemitismus weist der Sender natürlich weit von sich. „Es ist nur ein Versuch, mal etwas Anderes auszuprobieren“, sagt Sprecherin Dagmar Brandau. tgr/hpi

„Judas Game“: Kabel 1, 20 Uhr 15

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