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Medien: Tresen statt Tribüne

Public Viewing erlebt nach der WM eine Renaissance in Kneipen und Kinos

Das Wort schien nach der Fußball-Weltmeisterschaft schon fast vergessen, im neuen Duden ist es nicht zu finden, da kommt es kurz nach dem Bundesliga-Start wieder zurück: Public Viewing. Kneipen, Hotels oder Fitness-Clubs fragen beim Bundesliga-Rechteinhaber Arena an, um den Fußball zu übertragen. Die Nachfrage sei deutlich höher als erwartet, sagte Arena-Geschäftsführer Christoph Bellmer. Dabei gibt es Streit, denn sowohl Premiere – der die Bundesliga für Arena im Gebiet der Kabel Deutschland überträgt – als auch Arena selbst möchten von der hohen Nachfrage profitieren. Premiere setzte hierbei auf die Bündelung des eigenen Angebots mit der Bundesliga-Übertragung von Arena, Arena wolle dagegen die Bundesliga separat übertragen, sagte Bellmer. Bis zum Ende der kommenden drei Spielzeiten wolle Arena 20 000 Sportbars für sein Angebot gewinnen. Angeblich sollen bereits etwa 7 000 Public Viewing Kunden unterschrieben haben.

Aber statt Fahnen müssen Fußball-Zuschauer daher demnächst die Bierkrüge schwenken. Denn eine Übertragung der Bundesliga auf Großleinwänden an öffentlichen Platzen wie zur WM wird es im Bundesliga-Alltag wohl kaum geben. „Viel zu teuer“, kommentiert Roland Borgemeister vom Unternehmen Südkurve Deutschland, das WM-Spiele unter anderem an der Strandpromenade von Travemünde und auf dem Bremer Bahnhofsplatz übertragen hat. Neben den hohen Kosten für eine solche Übertragung könnte Public Viewing auf öffentlichen Plätzen auch dem Lizenzinhaber Arena schaden, da weniger Zuschauer ein Abonnement abschließen würden. „Bei Sachen wie Großbildleinwänden auf öffentlichen Plätzen sind wir im Sinne unseres Partners Arena sehr defensiv“, wurde DFL-Sprecher Tom Bender bei Spiegel Online zitiert.

Einige Kinos versuchen jedoch, die Fußball-Euphorie der Weltmeisterschaft zu nutzen. Ab der Rückrunde sollen die Bundesligakonferenz und -spiele in 75 Kinosälen zu sehen sein, plant der Vermittler für Kinowerbung, WerbeWeischer. Die Verhandlungen WerbeWeischers mit Arena und der Deutschen Fußball-Liga seien jedoch auf Ende September verschoben worden, erklärte der Sender Arena. „Wir wollen erst einmal sehen, welche Kinos für Public Viewing infrage kämen“, sagte die Leiterin des Bereichs Public Viewing Bettina Kliche. Schließlich sollen nahe gelegene Sportbars nicht durch eine Bundesliga-Übertragung im Kino beeinträchtigt werden.

WerbeWeischer, der schon die Kinolizenzen für die Weltmeisterschaft besaß, geht dagegen von einem Okay in den kommenden Wochen aus. „Sowohl die DFL als auch Arena befürworten prinzipiell die Übertragung im Kino“, sagte der Pressesprecher des Unternehmens, Boris Bullwinkel. „Denn im Kino kann Arena sein Produkt in optimaler Ton- und Bildqualität präsentieren und so sicher auch neue Kunden gewinnen.“ Um die Bundesliga auf der Leinwand attraktiver zu machen, möchte WerbeWeischer enger mit den Erstliga-Vereinen zusammenarbeiten. Bullwinkel: „Wir wollen in die Städte gehen, in denen auch wirklich die Fans sitzen, also eine Nachfrage besteht.“ Getestet werden solle das Angebot erst einmal in Ballungszentren wie München, Berlin oder dem Ruhrgebiet. Im Kino Zoopalast in der Hauptstadt solle die Bundesliga schon in etwa drei Wochen zu sehen sein, kündigte der Pressesprecher der Kinokette UCI, Christian Arbeit, an. An WerbeWeischer werde das Kino eine Gebühr pro Zuschauer zahlen. Finanzieren soll sich das Angebot durch Getränkeeinnahmen. Drei Euro Mindestverzehr müsse jeder Zuschauer zahlen. Hohe Gewinne wird das Kino damit vermutlich nicht einnehmen. Die Übertragung im Kino sei ein Nischen-Angebot, meint auch Christian Arbeit. „Wer Arena abonniert hat, der wird nicht unbedingt ins Kino kommen.“ Zwischen 20 und 300 Besucher seien während der WM in das Berliner Kino gekommen – je nach Spiel.

Der Hamburger Sportverein (HSV) überträgt schon seit vergangener Saison ausgewählte Spiele. Mit seinem Konzept ist er recht erfolgreich: Etwa 800 Fans gingen bei Champions League oder Uefa-Cup Spielen des HSV ins Kino. Rechtlich sei dies kein Problem, erklärt das Vermarktungsunternehmen des HSV, Sportfive, da die Lizenzrechte für die gezeigten Spiele beim Verein selbst liegen würden. Im kleineren Maßstab scheint Public Viewing also auch nach der Weltmeisterschaft zu funktionieren. Daher könnte sich der HSV auch vorstellen, die Bundesliga im Kino zu übertragen, sagte Katrin Schmidt, die Leiterin der Abteilung Marketing beim HSV. „Wir fänden es für unsere Fans natürlich toll.“

Leila Knüppel

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