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Karrierebrüche. Mario Götze, ein hochtalentierter Spieler, der Deutschland zum Weltmeistertitel schoss und der nun nicht zum Team zählt, das den Titel verteidigen soll.

© Promo

TV-Doku über WM-Star 2014: „Being Mario Götze“: Ich bin wieder da

Aljoscha Pause porträtiert in seiner Langzeitdoku einen erstaunlich offenen Fußballprofi Mario Götze – der nach der WM Lust auf einen Neustart hat.

Sieben Monate Dreharbeiten, 20 Gespräche mit dem Filmemacher Aljoscha Pause und zum Ende hin ein starker Gefühlsmoment, wo sich Mario Götze weit aus dem Fenster lehnt. Der Fußballprofi, der in Russland nicht dabei sein kann, bei der WM-„Mannschaft“, die er vor vier Jahren zum Titel schoss. Misserfolg, was macht das mit dem Menschen?

„Being Mario Götze“ – Aljoscha Pause hat sich bei seinem Doku-Projekt, das beim Streamingdienst Dazn gestartet ist, auch diese Frage gestellt. Es dauert bis zur vierten und letzten Folge, bis sich der Porträtierte wirklich öffnet. Dort wählt Götze Worte, die man so von ihm öffentlich noch nicht gehört hat, in Richtung seines Ex-Trainers bei Borussia Dortmund, Peter Stöger. „Es war nicht richtig, sich einen rauszupicken und mich quasi hinzustellen und zu sagen, ich sei ein personifizierter Misserfolg.“ Gerade hatte Dortmund beim FC Salzburg 0:0 gespielt. Stöger hatte Götze zur Halbzeitpause ausgewechselt – und öffentlich angegriffen. „Ich persönlich hätte nicht damit gerechnet, dass er mich als mein Trainer öffentlich so hart kritisiert“, sagt Götze.

Diese Szene ist der Höhepunkt eines Langzeit-Filmprojektes, das den Versuch wagt, aus Mario Götze mehr herauszuholen als die bekannten Stanzen, die die Profis vor den Kameras üblicherweise von sich geben. Mit seinen Filmen über Homophobie im Fußball oder über Thomas Broich („Tom meets Zizou – Kein Sommermärchen“) hat der Grimmepreis-gekrönte Autor Aljoscha Pause bewiesen, dass er der richtige Mann für außergewöhnliche Fußball-Dokus ist.

Initiiert wurde das Projekt von Dazn. „Ich fand es spannend, mal ein solches Format, eine Doku-Miniserie, auf einer solchen Plattform umzusetzen“, sagt Aljoscha Pause. Spannend auch das Wagnis für Regisseur und Porträtierten. Als die Dreharbeiten im vergangenen Jahr starteten, war noch nicht abzusehen, wie das mit der WM-Nominierung für Götze ausgehen würde.

Ein gescheiterter Held, der wieder aufsteht

Lineare Erfolgsgeschichten interessieren ihn nicht so sehr, erklärt dazu Aljoscha Pause. Natürlich habe es etwas mit Mario Götze gemacht, als sich im Winter und Frühjahr abzeichnete, dass es mit der WM schwierig würde, als es beim BVB immer weniger rund lief und er Schwierigkeiten mit Peter Stöger bekam. „Das hat ihn geschockt, das hat ihn frustriert. Das war ganz klar spürbar.

Vor und hinter der Kamera. Interessanterweise hat sich dadurch nichts an seiner Bereitschaft gegenüber dem Projekt verändert.“ Da habe es vielleicht geholfen, dass von Anfang an thematisiert wurde, dass es unterschiedliche Filmenden würde geben können und diese dann aber genauso wahrhaftig und ehrlich würden einfließen müssen.

Nun schafft es natürlich auch Aljoscha Pause nicht, in vier Stunden Doku und 20 Gesprächen aus einem Mario Götze eine Art zweiten Lothar Matthäus, einen gläsernen Menschen zu machen, ohne Schere im Kopf. Man muss das Ergebnis an Mario Götze messen, daran, was von ihm bislang sichtbar, erfahrbar, erkennbar war. Eine gewisse Medienscheu schwingt mit, in den Einzelgesprächen über das Image des vermeintlich Emotionslosen, Misstrauen und Marketing, seinen großen Bruder, über Guardiola, die Zeit beim FC Bayern, ergänzt mit Aussagen von Jürgen Klopp, Matthias Sammer, Toni Kroos oder auch Ann-Kathrin Brömmel, Götzes Freundin.

Da mussten auch Vorbehalte abgebaut werden. Mario Götze und Pause haben sich dreimal vorab getroffen. „Dabei gab es für mich einen Aha-Effekt“, sagt der Regisseur. „Zumal es für ihn, nach Jahren stark kontrollierter Medienarbeit, auch mal eine Möglichkeit war, sich selber zu spiegeln und neu wahrzunehmen.“ Die Reflexionen dazu, die langen Bildsequenzen zu Familie, Beziehung Jugend, Training („Das wird mal ein Großer!“) über das WM-Finale 2014 bis hin zum Stöger-Frust am Ende konterkarieren die täglichen Wasserstände aus dem Lager der Nationalmannschaft in Russland.

Dass es mit Mario Götze auch im Nationalteam weitergeht, demonstriert der Dortmunder derzeit in einem forschen Werbevideo, das ein TV-Hersteller zum Turnier ins Fernsehen gebracht hat: Götze als gescheiterter Held, der wieder aufsteht, dazu der Johnny-Cash-Klassiker „Hurt“. Eines scheint klar: Mario Götze hat Interesse an einem Neuanfang. Er ist jetzt 26.

„Being Mario Götze – eine deutsche Fußballgeschichte“, vier Folgen auf Dazn

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