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TV-Moderator Frank Plasberg  

© dpa/Jörg Carstensen

TV-Kritik "Hart aber fair" zur Flüchtlingskrise: Plasberg nur auf Halbdampf

Die übliche Politikprosa, dazu Irrlichterei zwischen Verstand und Gefühl: Bei Frank Plasberg wurde aus der Flüchtlingsdebatte eine Kuschelstunde.

„Grundsatzeinigung“ der EU-Innenminister. 160.000 Flüchtlinge werden verteilt. Eine gültige Liste mit sicheren Herkunftsländern. Geplante finanzielle Unterstützung für Staaten mit EU-Außengrenzen. Konkrete Entscheidungen – verschoben auf den 8. Oktober.

Rationale Politik. Nüchtern. Unpersönlich. Pragmatisch. Alles ist Kompromiss. Nichts ist emotionsgetränkt. Humanitäre Katastrophe. In Ungarn. In Europa. Schlagbäume. Zäune. Geschlossene Grenzen. Bundesregierung in Panik. Mediale Darstellung von Politik. Gefühlig und emotional.

Hart aber fair“ – zweiter Programmpunkt im ARD-Themenabend. Nach Brennpunkt: „Wieder Schlagbäume – wie reagiert Europa?“ und vor „Der Flüchtlingsreport“. Der Titel: „Schlagbaum runter, Zäune hoch – Panikstimmung in Europa?“ zeigt, dass Frank Plasberg auch das Gefühlvolle, das Emotionale in seiner Talkshow zu Wort kommen lassen will.

Verirrt auf dem Gefühlsweg

Dafür gut geeignet ist Margot Käßmann, Pastorin. Sie spricht von Barmherzigkeit. Vom Samariter, der selbstlos hilft, obwohl er gar nicht für das Elend verantwortlich ist. Als Christin kann und darf man sich natürlich auf diese gemütsvoll-idyllisch besetzten Standpunkte zurückziehen. Aber die deutsche Angst vor zu viel Islam, ob legitim oder unberechtigt, damit wegzudiskutieren, dass die Deutschen einfach wieder viel mehr in die Kirchen gehen sollen, da zeigt sich, wie man sich auf dem Gefühlsweg verirren kann.

Immerhin stellt Käßmann fest, dass in Deutschland Säkularisierung herrscht. Das staatliche Gesetzgebung über der kirchlichen steht, und dass die unterentwickelten Frauenrechte im Islam hier in Deutschland kein Maßstab sind.

Ralf Stegner, stellvertretender Parteivorsitzender der SPD, irrlichtert auch ziemlich zwischen Gefühl und Verstand. Besser gesagt, immer wenn er einen Angriffspunkt bei Markus Söder von der CSU wittert, siegt das Parteigefühl über den Politikverstand. Er fordert so wie Söder eine Quotenregelung für Flüchtlinge, aber er scheut die Angleichung der Leistungsstandards für Asyl auf EU-Ebene wie der Teufel das Weihwasser. Wahrscheinlich nur, weil Söder das fordert.

Ansonsten gibt es von Stegner die übliche Politikprosa. Integration der Flüchtlinge. Lösung des Demografieproblems in Deutschland. Billiger Wohnraum für alle. Europa als Wertegemeinschaft.

Aus Bayern die übliche Argumentation

Auch Markus Söder, bayerischer Finanz- und Heimatminister, sagt das, was er in allen Talkshows zur Flüchtlingsproblematik gerne sagt. Wir wollen helfen. Bayern macht es am besten. Wir können hier in Deutschland nicht die Probleme der Welt lösen. Es müssen wieder Regeln und Gesetze herrschen. Der deutsche Leistungskatalog für Flüchtlinge und Asylanten ist viel zu hoch. Deshalb wollen alle nur nach Deutschland.

Dem widerspricht der Politikwissenschaftler Herfried Münkler. Stichwort Diasporagemeinden. Das heißt, Flüchtlinge gehen vor allem dorthin, wo bereits Landsleute sind. Die EU-Quotenregelung. Eine schöne Vorstellung, aber sinnlos und unbrauchbar. Weil sich die Asylanten eh nicht daran halten. Provokante Aussagen von Viktor Orbán. Die meisten Migranten kommen nicht aus dem Kriegsgebiet Syrien, sondern aus den Flüchtlingslagern in Jordanien, dem Libanon und der Türkei. Sie fliehen nicht vor der Gefahr, sondern wollen ein besseres Leben als in den Lagern.

Darüber hätte man ausführlich und kontrovers reden müssen. Aber Plasberg läuft seit dem Genderdebakel und der unnötig recycelten zweiten Genderdiskussion nur auf Halbdampf. Moderation mit Handbremse. Politiktalk als langweilige Kuschelstunde. Wir wollen den alten Plasberg wiederhaben. Eitel. Schulmeisterlich. Aber auch verdammt unterhaltsam.

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