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Eurovison Song Contest

© dpa

TV-Kritik: Hier kommt Lena

Die Moderatoren waren überfordert, die Mitjuroren um Stefan Raab unnötig und hatten nichts erhellendes zu den künstlerischen Darbietungen beizutragen. Trotzdem ist der Qualitätssprung des Eurovision-Vorentscheids unverkennbar.

Es ist dann doch noch gut gegangen, die ganze Sache mit der nationalen Aufgabe. Die Finalshow von "Unser Star für Oslo" war tatsächlich der Höhepunkt des Formats und natürlich liegt das vor allem daran, dass der Star, der für Oslo gefunden wurde, Lena Meyer-Landrut ist. Es ist ein Sieg des guten Geschmacks und das ist beachtlich, denn es geht hier immer noch ums Fernsehen. Gut, man hätte sich natürlich auch das ganze sparen können nach der ersten Show, denn bereits mit ihrem ersten Auftritt sorgte Lena für Furore und zwar auf allen Ebenen: da stand diese 18-jährige Abiturientin, hübsch, ein wenig irre, sang ein Lied, das niemand kannte und bewies durch all das: Stil. Geschmack. Haltung. Im deutschen Fernsehen. Manchmal bei Pro7, manchmal in der ARD. Donnerwetter.

Und natürlich war das auch streckenweise langweilig und vielleicht setzte sich Stefan Raab, der sich all das ausgedacht hat, demnächst mal in Ruhe hin und überarbeitet das Konzept, denkt zum Beispiel über andere Moderatoren nach, denn seltsamerweise ließ Matthias Opdenhövel bis zum Schluss jene Souveränität vermissen, mit der er sonst "Schlag den Raab" moderiert. Sabine Heinrich hingegen fühlte sich offensichtlich in der Show niemals wohl: Mimik, Gestik, Körperhaltung - ängstlich, nervös, der Sache nicht gewachsen.

Unnötige Juroren

Braucht Raab eigentlich noch zwei wechselnde Mitjuroren? Eher nicht. Zum einen erschrecken die Musiker die Kandidaten, die sich eventuell wünschen, niemals so belangloses Zeug zu reden wie die. Zum anderen erfüllen sie keine Funktion, sie liefern keinen Erkenntnisgewinn, weder den Kandidaten noch den Zuschauern. Sie sind überflüssig - so wie ungefähr die Hälfte der Kandidaten auch. Es war von allem ein bisschen zuviel.

Und trotzdem hat Raab eine sehr moderne Show erfunden, die mit dem Casting-Prinzip nichts zu tun hatte, und die auch offensichtlich mit den Vorentscheidungsshows anderer europäischer Länder nichts zu tun hat. Die Ausschnitte, die in "Unser Star für Oslo" gezeigt wurden, offenbarten nicht nur ein musikalisches Desaster - die Shows selbst scheinen eher Volksmusikveranstaltungen zu sein als große Fernsehunterhaltung. Und immerhin am Freitag hat Raab genau das geschafft.

Raabs Verdienst

Die Voraussetzungen waren immer da: ein perfektes Studio, eine sehr gute Liveband, modernste Technik - und eben Stefan Raab, dessen Leidenschaft für dieses Format, für die Musik und eben auch für das Fernsehen genau das ist, was der Eurovisions-Vorentscheid im Prinzip niemals hatte. Wenn man sich daran erinnert, von wo Raab das Format weggeholt hat, könnte man weinen über all die verlorenen Jahre, in denen ein gewisser Thomas Hermanns meistens mit Joy Fleming und Georg Uecker aus der Lindenstraße die Zuschauer wirklich dazu gebracht hat, so was wie "Alex swings Oscar sings!" zu einem europäischen Gesangswettbewerb zu schicken. Das hörte sich nicht nur schlimm an - das sah auch alles furchtbar aus.

Am Freitag kam dann endlich noch eine durchdachte Dramaturgie hinzu, zwei Finalistinnen, mit denen sich die Zuschauer identifizieren konnten, Spannung, und am Ende dann eben die Erkenntnis, dass alles nicht ganz so schlecht sein kann, wenn eine junge Frau wie Lena Meyer-Landrut im Konfettiregen "alter Finne!" schreit. Ab nach Norwegen.  

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