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Hunziker

© dpa

TV-Kritik: Hunzikers Frischzellenkur für „Wetten, dass…?“

Die Premiere von Michelle Hunziker bei „Wetten, dass…?“ ist geglückt. Die Wett-Assistentin konzentriert sich auf ihre Stärken. Sie sieht blendend-blond aus und schafft es meist, Nervigkeit zu vermeiden. Neben Thomas Gottschalk, dem Gute-Laune-Onkel vom Zweiten, wirkt sie als belebendes Element.

Geglückt. Michelle Hunziker passt so gut zu „Wetten, dass…?“ wie Thomas Gottschalk. Ihre Premiere als die „Wett-Assi“ hat die Schweizerin bestens absolviert. Nicht, dass die Wetten an Sinnhaftigkeit gewonnen hätten. Kein Mensch muss mit seinem Speichel Briefmarken auflecken oder mit seinem Atem volle Wasserflaschen umpusten können. Egal, Hunziker preist und prahlt, die Wettkandidaten dürfen sich von der Schönen geschmeichelt sehen. Sie ist supernett zu allen, also sind alle supernett zu ihr. Das Outfit betont mehr die Beine als das Dekollete. Alles ist unter Kontrolle.

Die Vorhersagen der Michelle Hunziker waren so ungefähr. Ihre Stärke sei die Satire, die wolle sie einbringen. Das kann sie nicht ernst gemeint haben. Satire ist reine Ansichtssache, wird so gut wie nie erkannt, hat höchstens Chancen auf ein Missverständnis. Satire hat bei der Co-Frau von Thomas Gottschalk nichts zu suchen (sie findet dort auch nichts). Hunziker konzentriert sich schlauerweise auf ihre Stärken. Sie sieht blendend-blond aus, sie leitet in die Wetten rein und wieder raus, sie herzt und ist absolut parteiisch. Bisweilen, aber nur bisweilen lappt die Fröhlichkeit in die Nervigkeit hinüber. Immerhin muss sie keine Anzüglichkeiten von Thomas Gottschalk ertragen. Der Altmeister der deutschen Fernsehshow kann – in seinen schlechten Momenten – ein laufender Altherrenwitz sein.

In der Rolle der Juniorpartnerin

Michelle Hunziker avisiert ein ums andre Mal ihre Rolle als Juniorpartnerin, die neben dem überlebensgroßen Thomas Gottschalk arbeiten darf. Hunziker tut der Show gut, schlicht, weil sie neu dabei ist, belebend wirkt in der 183. Ausgabe. Gottschalk mit seinen 59 Jahren in der Show allein zu lassen, das geht nicht mehr. Ein Erloschener kann keinen Vulkan spielen. Ein Fehler wäre, ihn auf dem Sofa festzutackern. Er braucht den Spielraum der Wetten, der Showacts, im Strafraum der Gespräche ist er schier verloren. Hat er an irgendetwas, an irgendjemand wirklich Interesse? Routine paart sich mit Banalität. Das ist bestimmt ungerecht: Gottschalk ist halt der Gute-Laune-Onkel vom Zweiten. Der Sender jendefalls kann sich gratulieren. Mit dem Engagement der Schweizerin ist der Abwärtstrend bei den Quoten durchbrochen. 11,29 Millionen Zuschauer schalten am Samstag ein, so viel Publikum hatte "Wetten, dass...?" während der gesamten vergangenen Saison nicht anlocken können.

Die 32-jährige Michelle Hunziker ist eine Ansage, die Showacts eine zweite für die angegraute Show. „Tokio Hotel“, Nelly Furtado, Michael „Bully“ Herbig mit seinem „Wickie“-Darsteller Jonas Hämmerle, das ist eine Frischzellenkur. Ein tolles Aufgebot an nationaler und internationaler Prominenz (Whitney Houston) - mit Oliver Pocher als einzig echtem Blondinenwitz in der Runde. Seine Freundin, die jetzt schwangere Schmuckdesignerin Sandy Meyer-Wölden, fehlt. Wäre das peinlich geworden? Vielleicht löst der blonde Pocher jetzt den blonden Boris Becker als Stammgast bei „Wetten, dass…?“ ab und tut, was Becker in letzter Sekunde nicht getan hatte: Oliver Pocher verkündet seine Hochzeit mit der Ex-Becker-Heiratskandidatin Sandy Meyer-Wölden. Irgendwann muss sich der Kreis doch schließen. Pocher macht drei schale Witze, bevor er auf dem Sofa zu sitzen kommt.

Prominenz mit strahlender Dentalkunst

Ein Abend der lachenden Gebisse. Hunziker, Gottschalk zeigen erstklassige Dentalkunst, aber was ist das im Vergleich zu Karl-Theodor zu Guttenberg? Der CSU-Mann bleckt sein Gebiss in die Kamera, dass es eine Freude ist. Der Guttenberg, Politiker-Star der Stunde, macht wieder bella figura. Der wird noch Kini von Bayern und seine Frau Stephanie wird seine Kinigin.

Veronica Ferres ist auch da, gemeinsam mit der Marga Spiegel. Die Jüdin hatte sich in der Nazi-Zeit verstecken können. „Unter Bauern – Rettung in der Nacht“ heißt die Verfilmung ihrer Lebensgeschichte. Veronica Ferres spielt Marga Spiegel - zu wenig für die Ferres, sie möchte Marga Spiegel gewesen sein. Diese Verwandlung durch Ranschmeiße an fremde Schicksale ist bei niemanden und auch nicht bei der Ferres zu ertragen. Schon nach ihrer Teilhabe am Fernsehfilm „Die Frau vom Checkpoint Charlie“, den die ARD – Achtung, Absicht! – parallel zu „Wetten, dass ….?“ ausstrahlt, hatte sie bei „Anne Will“ gesessen und den Unrechtsstaat DDR erklärt, bei Gottschalk will sie den Terrorstaat der Nazis beklagen. Was bei der Ferres so unangenehm ist: Sie tut so, als hätte sie in der DDR und in der Nazi-Zeit Widerstand, aber heftig, geleistet. Sie ist betroffener als die Betroffenen. Marga Spiegel, 97 Jahre weise, sitzt daneben und sagt Lebenskluges. Gottschalk gibt die tönende Wochenschau, kein Fehler diesmal, sonst würde Vroni Ferres, die sich ein Outfit aus Space und Straßenstrich zumutet, das Publikum wieder in deutscher Geschichte unterrichten.

Blondinen, hatte Michelle Hunziker im Vorfeld von „Wetten, dass…?“, postuliert, hätten es nur im Fernsehen gut. Außerhalb des Bildschirms würden nur dunkelhaarige Frauen geheiratet. Unsinn oder nicht, mit Gottschalk, Ferres und Hunziker meint es das Medium gut. Aber nicht alle meinen es mit dem Fernsehen gut.

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