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Der ZDF-Live-Reporter Bela Rethy (l) und der ZDF-Fußball-Experte Oliver Kahn.

© dpa

TV-Kritik WM 2014: Béla Réthy weiß alles

Tanzen, Königshause, Haarmode - Béla Réthy redet überall mit. Er weiß, dass der Argentinier Angel di Maria „Nudel“ genannt wird, weil er so dünn ist. Und er erkennt sofort, dass Kevin de Bruyne aussieht wie Prinz Harry. Aber im wichtigsten Punkt versagt Béla Réthy.

Achtung, nicht erschrecken, dies wird eine raffinierte Abrechnung. Mit Béla Réthy natürlich, der hat ja schließlich am Samstagabend das Spiel Argentinien – Belgien kommentiert. Aber zuerst, das ist ja das Raffinierte, ein Lob, ehrlich gemeint, keine Ironie, Ehrenwort. Taktik: einlullen, in Sicherheit wiegen, das ist hinterlistig, aber manchmal erlaubt. Also, das Lob, das ehrlich gemeinte. Béla Réthy hat wieder mal gut gesprochen. Er hat nicht erzählt, was jeder sehen konnte, er hat nicht die ganze Zeit gequasselt, er hat viel Hintergrund erzählt, er ist auch nicht ins Sirenenhafte abgeglitten, aber das macht er ja nie.

Na klar, ein, zwei schräge Sätze waren wieder dabei, harmlos aber im Vergleich zu den Marktschreiern der Branche und den Fans am Mikrofon, die sich nicht einkriegen. „Die Abstöße der Argentinier kommen meist weit und flach, das dient der Spieleinleitung“, verkündet also Réthy. Das muss man ja sagen. Denn normalerweise dienen weite und flache Abstöße ja der Spielverzögerung. So sind sie, die Argentinier, arbeiten mit allen Tricks.

„De Bruyne sieht ein bisschen aus wie Prinz Harry“

Und noch eine Szene, herrlich. Im Bild ist kurz der Schiedsrichter zu sehen, sein Mund schnappt kurz auf und wieder zu, ein Karpfen in schwarzen Klamotten. In der kurzen Zeit bringt er höchstens Worte unter, die so lang sind wie „Sauerkraut“ oder „Daunendecke“ oder „Klappe, Réthy“. Aber genau gesagt hat er, O-Ton Béla Réthy: „Ich bin hier der Schiedsrichter, ich stand richtig, und ich habe es gesehen.“ Und Béla Réthy hat gesehen, dass der Schiedsrichter diesen Satz in abartiger Geschwindigkeit herausgesprudelt hat. Kein Wunder, dass ihn alle so verständnislos anstarrten, den Schiedsrichter.

Aber bitte, geschenkt, so eine Mäkelei. Réthy war insgesamt als Kommentator gut, da gibt es gar nichts.

Es wird Zeit vom Großen und Ganzen ins Kleine und Feine umzuschwenken. Ganz stark nämlich ist Béla Réthy, wenn er die wirklich interessanten News mitteilt, die nichts mit Strategie und weiten und flachen Abstößen zu tun haben. Im Bild erscheint der Belgier Kevin de Bruyne, so rothaarig als würde auf seinem Kopf ein Buschbrand wüten. „De Bruyne sieht ein bisschen aus wie Prinz Harry“, sagt Béla Réthy ganz richtig. Ist ja auch so.

Bei Béla Réthy lernt man, dass der Argentinier Angel di Maria „Nudel“ genannt wird, weil er so dünn ist und dass man „zwei braucht zum Tango“. Messi braucht di Maria, aber weil di Maria verletzt raus muss und sein Kumpel allein nicht mal Stehblues tanzen kann, „muss sich Messi einen neuen Tanzpartner suchen“. Und überhaupt, wie sehen die Argentinier eigentlich aus? „Bei den Argentiniern ist eine neue Frisurenmode eingekehrt“, stellt Béla Réthy fest.

Müssen jetzt verzweifelte Achtjährige in Tirol auf Lastwagenreifen ins Tal kurven?

Tanzen, Königshause, Haarmode, Béla Réthy redet überall mit, das ist ja seine große Stärke. Hat vielleicht jemand gewusst, dass der Argentinier Ezequiel Lavezzi ein Tattoo von Maradona auf seiner linken Hüfte hat? Béla Réthy klärt auf.

Aber im wichtigsten Punkt versagt Béla Réthy, und deshalb kommt jetzt der Moment der Abrechnung. Nie hat er erklärt, wer diese irrwitzige Idee hatte, Waschschüsseln als Trage für verletzte Spieler einzusetzen. Sind das überhaupt Waschschüsseln? Die Dinger ähneln ja auch Schlitten, die Kinder benutzen, wenn sie einen Abhang runterrodeln. Die Dinger sind so groß, dass gleich vier Kinder den Berg runter rasen könnten. Hat man die roten Schüsseln etwa Kindern geklaut? Müssen jetzt verzweifelte Achtjährige in Tirol auf Lastwagenreifen ins Tal kurven? Oder sind das Waschtröge, die die Fifa aus irgendwelchen Kellern hervorgezogen hat, wo sie seit Großmutters Zeiten vor sich hin staubten?

Antworten, Béla Réthy, Antworten. Dann dürfen Sie sogar allein tanzen. Wir schlagen Pogo vor.

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