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Günther Jauchs letzte Sendung hat viel Wirbel verursacht.

© dpa

TV-Kritik zu Günther Jauch: Gepflegte Plauderstunde zum Folter-Skandal an Flüchtlingen

Nach der Furore um Günther Jauchs letzter Sendung hätte man beim Thema "Der Folter-Skandal – versagt unsere Flüchtlingspolitik?" eine ähnlich heiße Debatte erwartet. Herum kommt leider nur gutes, solides, aber langweiliges Talkshow-Material.

Was kann es besseres geben? Nach Günther Jauchs letzter Talkshow: „Gewalt im Namen Allahs – wie denken unsere Muslime?“ fegte ein Meinungs-Hurrikan durch deutsche Medien. Blutlüsterne Kritik und heilig-sprechendes Lob. Von „Sendung eine Katastrophe“, „Verpasste Chance“, „Schlecht vorbereitet“, „Kapitulation“ bis „Klug und Souverän“ und „Danke für diese Sendung“. Das Plappermaul Abdul Adhim Kamouss wurde von Jauch nicht richtig gestoppt. BILD, das Fachorgan für Mainstream-Empörung degradierte Kamouss zum „Quassel-Imam“ und beförderte ihn zum Schlagzeilenkönig. Da müsste es doch eigentlich mit dem Teufel zugehen, wenn dieses mediale Sperrfeuer nicht wieder für gutes Quoten-Doping sorgt.

Das aktuelle Thema „Der Folter-Skandal – versagt unsere Flüchtlingspolitik?“ hat das auch dringend nötig. Brutale Wachmänner, schikanierte Flüchtlinge, katastrophale Unterkünfte, hygienische Horror-Bedingungen. Gut für Aufregung vor dem Bildschirm. Aber wenn es um politisches Klein-Klein geht, um Flüchtlingsquoten und Abschiebe-Begründungen, das Dubliner Übereinkommen und Asyl-Instrumentalisierung, dann ist es schnell vorbei mit der Aufmerksamkeit. Nach dem dauerquatschenden Imam, lautete die Devise der Redaktion – keine Experimente. Gutes, solides, aber langweiliges Talkshow-Material.

Unerträglich: Thomas Strobl

Der Zeuge: Jens Krause, ehemaliger Wachmann im Flüchtlingslager Burbach. Kann die Vorwürfe und Probleme bestätigen. Der Verantwortliche: Ralf Jäger. Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Gibt die Missstände zu. Lobt sich für die schnelle und umfassende Aufklärung. Will keine weitere politische Verantwortung übernehmen. Will auch nicht zurücktreten. Die Macherin: Michaela Vogelreuther. Leiterin des Sozialamts Fürth. Muss schnell und problemlos für Flüchtlingsunterkünfte sorgen. Erzählt pragmatisch von den Schwierigkeiten in zwei Tagen 300 Menschen unterzubringen. Das Opfer: Maya Alkhechen. In Damaskus geboren. 1989 erste Flucht mit ihren Eltern nach Deutschland. Hier nur geduldet. Nach Syrien zurückgekehrt. 2012 die zweite Flucht. Der Seher und das gute Gewissen: Cem Özdemir. Der Parteivorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen sieht die Probleme. Sieht, dass Länder und Kommunen damit überfordert sind. Sieht, dass der Bund sich beteiligen muss. Sieht, dass die EU sich beteiligen muss. Und sieht, dass das Ganze immer parteipolitisch benutzt wird.

Die Null-Nummer: Thomas Strobl. Stellvertretender Parteivorsitzender der CDU. Stellvertretender Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag. Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg. Menschgewordenes Politik-Blabla. Man muss private Sicherheitsfirmen genau anschauen. Echt? Man muss die föderale Organisation der Flüchtlingsproblematik beibehalten, weil die Organisation der Flüchtlingsproblematik eine föderale Aufgabe ist. Soso! Man kann die Probleme der ganzen Welt nicht nur in Deutschland lösen. Hurra!

Jauchs hohe Einschaltquote ist kein Qualitätsmaßstab

Bei diesem Seicht-Geseiere hätte Günter Jauch gern kritischer nachhaken können. Aber Jauch ist kein Dompteur. Er stellt Fragen. Und die werden beantwortet. Und wenn nicht, dann halt nicht. Das Ganze, gepflegte Plauderstunde. Keine erregende Talkshow. Von allen TV-Gesprächsrunden hat Jauch die höchsten Quoten. Das ist kein Qualitätsmaßstab. Aber der Fernsehzuschauer will das alles genau so sehen. Auch wenn sich die Kritiker auf den Kopf stellen.

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