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TV-Programm: Aufgetaute Haselnüsse

Über das schlechte Weihnachtsprogramm wird sich gerne mal beschwert. Bei dem Mix aus Bewährtem und Neuen lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Weihnachten – das ist traditionell das Fest, an dem die meisten vor allem gern zweierlei tun: viel essen und viel fernsehen. Dabei wird über das durchwachsene TV-Programm mit den ewig gleichen besinnlichen Filmen, Konzerten, Märchen und Wiederholungen öfters mal die Nase gerümpft. Deshalb ein kleiner Führer durch den Programmdschungel mit einer Vorauswahl – für die Feiertage und für jeden Geschmack.

FÜRS HERZ UND FÜRS AUGE 

Weihnachten ist besonders für Filmfreunde ein Hochgenuss. „Merry Christmas“ und „Die Vögel“ sind beide etwas fürs Herz. Die europäische Produktion „Merry Christmas“ (Heiligabend, Sat 1, 20 Uhr 15) berührt mit der Geschichte deutscher, englischer und französischer Soldaten (darunter Daniel Brühl und Benno Fürmann), die im Ersten Weltkrieg zu Heiligabend die Waffen ruhen lassen und zusammen feiern. „Die Vögel“ (25.12., Vox, 23 Uhr 35) treibt dagegen garantiert Ihren Puls nach oben und trainiert so den Herzmuskel, während Sie faul auf dem Sofa liegen. Der Film von Alfred Hitchcock, in dem aggressive Vogelscharen die Bevölkerung bedrohen, gilt als einer der Meilensteine des Horror-Genres. Was fürs Auge ist „Der blaue Engel" (Heiligabend, Arte, 23 Uhr 50) aus dem Jahr 1930. Hier dürfen Sie einen Blick auf die Beine von Marlene Dietrich als Varieté-Sängerin Lola werfen. Ein weiterer visueller Leckerbissen ist „Das Mädchen mit dem Perlenohrring" (26.12., ZDF, 23 Uhr 30). Der Film beleuchtet die Beziehung zwischen dem niederländischen Barockmaler Jan Vermeer (Colin Firth) und seiner Magd/Muse Griet (Scarlett Johansson).

FÜR DIE FANTASIE

Besonders für die Kleinen bietet das Weihnachtsprogramm allerhand Märchen- und Zauberhaftes, das die Fantasie anregt und in fremde Welten entführt – und dabei auch den Erwachsenen gefallen dürfte. Mit dem Puppen- und Animationsfilm „Peter und der Wolf" (Heiligabend, ARD, 12 Uhr 03) gibt es eine Oscar prämierte Version des musikalischen Märchens von Sergej Prokofjew zu sehen. Die Musik wurde vom London Philharmonia Orchestra neu eingespielt. Nicht fehlen darf natürlich auch dieses Jahr „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (25.12., ARD, 10 Uhr 30). Die tschechisch-ostdeutsche Koproduktion aus den Siebzigern, die das Märchen der Gebrüder Grimm variiert, wird traditionell zu Weihnachten ausgestrahlt – übrigens auch in anderen europäischen Ländern. „Das letzte Einhorn" (25.12., RTL 2, 17 Uhr 15) sucht ein paar Stunden später im gleichnamigen Trickfilm seine verschwundenen Artgenossen und trifft auf seinem Weg Zauberer und Adelige.

FÜR DIE OHREN

An den Festtagen sollte auch der Hörsinn nicht zu kurz kommen. Eine wohltuende Abwechslung zu „Stille Nacht, heilige Nacht“ oder „Last Christmas“ bietet Schauspieler Ben Becker. Der Berliner gilt sonst häufig als „bad boy“. In „Die Bibel – Eine gesprochene Symphonie“ rezitiert er Passagen aus dem Buch der Bücher und wird dabei von seiner „Zero Tolerance Band“, dem Filmorchester Babelsberg und einem Gospelchor begleitet (Heiligabend, RTL, 0 Uhr 15). Paris am Weihnachtsabend: Der arme Dichter Rudolfo und die todkranke Mimi lernen sich kennen. Um ihre tragische Liebesgeschichte geht es in „La Bohème“, die als eine der bedeutendsten italienischen Opern gilt. 3sat zeigt die Kinofassung von Franco Zeffirelli, die unter der musikalischen Leitung von Herbert von Karajan stand und auf der 1963 für die Mailänder Scala erarbeiteten Inszenierung basiert (3sat, 25.12., 20 Uhr 15).

FÜR DIE LACHMUSKELN 

Das Fest der Liebe kann leider auch schnell mal für Frust sorgen. Familienstreitigkeiten oder geschmacklose Geschenke drücken auf die Stimmung. Damit die Laune nicht dauerhaft im Keller ist, sollte an Heiligabend das Dritte eingeschaltet werden. Bei kaum jemandem fällt der alljährliche Weihnachtswahnsinn größer aus als bei der „Familie Heinz Becker" (Heiligabend, WDR, 18 Uhr 40). Das mehr oder weniger idyllische Beisammensein unter Baum und Lichterkette wird von wenigen so treffend karikiert wie von Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker und seinen Kollegen. Einem anderen großen, wenn nicht dem größten Komiker des Landes widmet der NDR am 26. 12. ab 20 Uhr 15 einen Abend: Prominente wie Max Raabe oder Iris Berben kommentieren ihre Lieblingssketche von Loriot. Ebenfalls am 26.12. wird Adam Sandler auf „Die Wutprobe“ gestellt (Sat 1, 20 Uhr 15). Der Amerikaner spielt Dave, der zwar ein schrecklich netter Zeitgenosse ist, aufgrund eines Missverständnisses dennoch zu einem Anti-Aggressionstraining verdonnert wird. Das wird betreut von Dr. Rydell (Jack Nicholson), der durchaus selbst ein solches Training nötig hätte.

FÜR DEN KOPF

An Heiligabend gibt es die „Die Wanderung der Pinguine" (3sat, 19 Uhr 15). Die Doku zeigt die lebensgefährliche Reise der Pinguinweibchen zum arktischen Meer, um Nahrung für ihre Jungen zu beschaffen. Brandaktuell ist „Das Berliner Schloss – Eine deutsche Geschichte" (25.12., Phoenix, 19 Uhr 30). Die Dokumentation beleuchtet die Historie der 1950 abgerissenen Residenz und begleitet unter anderem Archäologen und Bauforscher, die auf dem Gelände nach Grabkammern, Schmuck und Gebeinen suchen.

FÜR DAS GUTE GEWISSEN

Zu Weihnachten im Fernsehen gehört auch der Segen „Urbi et Orbi“ (25.12., ZDF, 12 Uhr), den der Papst traditionell am ersten Weihnachtstag spendet. Früher mussten die Gläubigen vor Ort in Sichtweite des obersten Hirten sein, um sich von ihren Sünden zu befreien, heute wird die Absolution auch offiziell übers Fernsehen erteilt. Treuen Staatsbürgern sei noch die „Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten“ Horst Köhler empfohlen (25.12., ZDF, 19 Uhr 08). Ob der uns schon auf turbulente Zeiten einstimmt, die alle aufgrund der Finanzkrise fürs nächste Jahr erwarten?

FÜRS SCHLECHTE GEWISSEN 

Zu den Feiertagen gehören die fettige Weihnachtsgans, die kalorienreichen Plätzchen und manch sinnloses Herumsitzen auf der Couch. Warum nicht auch mal zwischendrin so richtig schlechte Unterhaltung: An Heiligabend kämpft der schwedische Actionstar Dolph Lundgren als Airforce-Captain Nick Preston ums Überleben und gegen das Böse. Nach einem Erdbeben ist Kalifornien vom Rest der USA abgeschnitten, zudem wollen gewaltbereite Gefängnisinsassen die Macht an sich reißen („Dolph Lundgren: The Last Warrior“, Heiligabend, Sat 1, 23 Uhr 55). Für Zuschauer mit einer voyeuristischen Ader hält RTL 2 die Bewohner des rund um die Uhr überwachten „Big Brother“-Containers bereit. Auch hier wird aller Wahrscheinlichkeit nach Weihnachten gefeiert, (Heiligabend, 25. und 26.12., RTL 2, jeweils 19 Uhr). Schadenfreude kommt schließlich bei „Upps! Die Pannenshow“ (25.12., Super RTL, 20 Uhr 15) auf, die Heim-Videos mit allerlei Missgeschicken zum Fest präsentiert. Vorsicht also vor umstürzenden Weihnachtsbäumen und brennenden Adventskränzen!

Zusammengestellt von Stefanie Erhardt

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