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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Neujahrsansprache am Silvesterabend.

© dpa

TV-Programm zum Jahreswechsel: Angela Merkel, Quotenqueen

Mit ihrer Neujahrssprache erreichte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Silvesterabend Platz zwei hinter Miss Sophie mit dem "Dinner for One". Das ist eine Sensation. Eine Glosse.

Zum Tagessieg hat es nicht ganz gereicht, aber solch ein zweiter Platz kann bei Angela Merkel nur die Mundwinkel hochziehen. Mit ihrem knapp fünfminütigen Fernsehauftritt hat die Bundeskanzlerin am Silvesterabend fast sechs Millionen Zuschauer interessiert. Ihre Neujahrsansprache holte im Zweiten ab 19.19 Uhr 2,21 Millionen und im Anschluss an die „Tagesschau“ um 20.10 Uhr weitere 3,70 Millionen ab.

Was wäre, so muss die nächste Frage lauten, eigentlich passiert, wenn Merkels Rede ans Volk nicht nur zwei Mal in deutschen Fernsehprogrammen ausgestrahlt worden wäre? Hätten zehn, 14, vielleicht 16 Millionen Zuschauer eingeschaltet? Angela Merkel, die Quotenqueen.

Das "Dinner for One" erreichte sagenhafte 16,21 Millionen Zuschauer

Die Frage ist mehr als nur ein Hirngespinst. „Dinner for One“ erreichte in den Dritten und im Ersten sagenhafte 16,21 Millionen Zuschauer bei insgesamt 19 Ausstrahlungen, wie der Branchendiest meedia.de meldet. Das waren am Silvesterabend 2015 noch einmal rund 1,7 Millionen mehr als vor einem Jahr.

Schier unglaublich, ist der Inhalt doch seit der regelmäßigen Ausstrahlung des Sketches 1972 dem gesamten Publikum bekannt. Miss Sophie feiert mit einigen imaginären Gästen ihren 90. Geburtstag, Butler James stolpert über einen ausgestopften Tigerkopf, wird von Menügang zu Menügang betrunkener, um sich im rasanten Finale mit seiner Miss Sophie derselben Prozedur wie jedes Jahr zu unterziehen. Jeder „Dinner for One“-Zuschauer lacht jedes Jahr an denselben Stellen, mancher schaltet mehrfach ein, um an denselben Stellen den Schenkelklopfer in sich auszulassen. Vollkommen absurd, dass die am häufigsten wiederholte Sendung im deutschen Fernsehen ein Quotenkracher ist.

Angela Merkel muss sich da weit mehr anstrengen. Sitzt zwar da wie Miss Sophie, muss aber jedes Jahr eine frische Story auftischen, Zuversicht ausstreuen und die stete Ansage „Wir schaffen das“ neu variieren. Running gags sind im Redetext streng verboten, Butler James bleibt in der Kulisse, und die Vorstellung, dass Angela Merkel plötzlich aufsteht, über einen Tigerkopf stolpert, und dann weiterredet, ist grotesk.

Nein, die Bundeskanzlerin darf nur am Schreibtisch sitzen und einen vorbereiteten Text vom Teleprompter ablesen. Und holt dann sechs Millionen vor die Bildschirme! Das ist die Sensation, der eine Programmrevolution auf dem Fuße folgen darf: Die Neujahrsansprache 2016 wird 19 Mal gezeigt und „Dinner for One“ nur zwei Mal. Silvester muss nicht lustiger werden – Silvester muss politisch knallen. Skal!

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