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Sexuelle Vielfalt: In der Sendung von Sandra Maischberger stießen gegensätzliche Weltbilder aufeinander.

© dpa

TV-Talk: Homosexualität: Kulturkampf bei Maischberger

Darf man die heterosexuelle Ehe besser finden als schwule Lebensgemeinschaften? Und gehört sexuelle Vielfalt in den Schulunterricht? Darüber diskutierte Sandra Maischberger mit ihren Gästen. Schon im Vorfeld hatte es um die Sendung massiven Ärger gegeben.

Warum eigentlich? Warum fällt es uns als Gesellschaft so schwer, schwule Lebensweisen als gleichwertig anzuerkennen? Diese Frage stellte Moderatorin Sandra Maischberger gefühlt zehnmal in ihre Runde. Sie hat ja Recht: Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert haben wir die gay liberation, und immer wieder geht alles von vorne los. Maischberger und ihre Gäste fanden keine Antwort. Sie konnten nur das Szenario nachstellen, das aus Vorurteilen, Unterstellungen, Verletzungen und Missverständnissen besteht und zu der Warum-Frage treibt. Das immerhin ist eine Leistung.

Anlass war ein Bildungsplan im Ländle, der sexuelle Vielfalt im Unterricht stärker berücksichtigen will. Der zehnfache Vater Hartmut Steeb hat damit Schwierigkeiten. Statt Kindern zu erklären, dass es auch schwule Menschen gibt und dass man ihre Lebensweise achten solle, scheint es ihm richtiger, für das Ideal von Ehe und Familie zu werben. Aber das geschehe doch, meinte die transsexuelle Olivia Jones. Steeb verneinte. Er sah sein Ideal zugunsten nicht-natürlicher Alternativen verraten.

CDU-Politiker Spahn: Auf beiden Seiten wird geeifert

Die Journalistin Birgit Kelle sprang ihm bei. Toleranz dürfe man von allen verlangen, Akzeptanz aber nicht. Steeb habe ein Recht, sein Lebensmodell besser zu finden als schwule Gemeinschaften. Und der mehrfache Vater konnte ein bisschen Solidarität echt gebrauchen. Er hatte nämlich im "Nachtcafé" des SWR davon gesprochen, wie gut er es finde, dass keiner seiner zehn Sprösslinge homosexuell geworden sei. Ha! Ein klarer Fall von Abwertung Andersfühlender. Steeb, mehrmals auf diesen Lapsus angesprochen, wand und wiederholte sich. Schließlich erklärte er bockig, Familien mit vielen Kindern würden erst recht diskriminiert.

Ja, warum eigentlich fällt die Akzeptanz so schwer? Jens Spahn, CDU-Abgeordneter, selbst schwul und Anwalt der Vernunft, half der Moderatorin bei der Strukturierung der wilden Debatte. Es werde auf beiden Seiten zu viel geeifert. Da hatten doch in Stuttgart (Einspieler) Leute eine Petition unterzeichnet, 200.000 sollen es gewesen sein, die wollten keinen Bildungsplan, der ihren Kids womöglich eine homosexuelle Orientierung aufdrückt.

Warum können wir nicht locker lassen?

Geht das überhaupt? Kann man eine sexuelle Identität an-, ab- oder umerziehen? Maischberger musste diese schlichte Frage mehrfach in den Raum stellen, bis Hera Lind sich erbarmte und das erlösende Nein aussprach. Spahn: "Es geht nicht um Sex. Es geht um Werte." Kelle hält von der schulischen Sexualkunde eh nichts - Aufklärung sei Sache der Eltern. Jones und Lind rangen die Hände: In den Familien finde die ja nun meist gar nicht statt. Und es sei doch unfassbar, so Lind, dass man heute noch mit solchen Fragen Sendezeit fülle. In ein, zwei Jahren spätestens sei man damit durch. Immerhin: In Stuttgart gab es eine Gegenpetition, die ebenfalls von 200.000 Menschen unterzeichnet worden ist.

Ja warum? Warum können wir nicht locker lassen in Fragen von Schwulität, Lesbentum, Transgender usw.? Natürlich behaupteten alle, sie könnten es, und es sei ihnen schnurzegal, ob der Nachbar Männer oder Frauen liebe. Aber wenn es dann darum geht, in der Schule darüber zu sprechen, dass der Nachbar anders lebt als Mama und Papa, dann ist ganz schnell die Hölle los. "Kulturkampf" heißt das sogar. Gegen Schluss fragte die Moderatorin erneut: "Können wir uns darauf einigen, die Lebensmodelle von homo- und heterosexuellen Menschen als gleichwertig anzusehen?" Sie sah in die Runde und musste begreifen: Wir können es nicht. Wenn Maischbergers Gäste in etwa repräsentativ waren für die Gesellschaft, wird der Kulturkampf Hera Linds Optimismus enttäuschen und uns noch länger quälen.

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