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Drogenfahnder Franz Hofstetter (Mitte, Andreas B. Krämer) hat täglich mit nigerianischen Dealern zu tun. Die Kommissare Liz Ritschards (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) müssen hingegen einen Mord aufklären.

© ARD/SRF

Twitter-Kritik und Fakten-Check: So war der Schweizer "Tatort"

Selten war der Schweizer "Tatort" so politisch wie in der Folge "Schutzlos" um dem Mord an einem jugendlichen Asylsuchenden. In der "Tatort"-Gemeinde auf Twitter fiel dieser ARD-Krimi dennoch mit einem griechischen Ergebnis durch.

Ein nigerianischer Jugendlicher wird in Luzern erstochen. Was zunächst nach einem Mord im Drogenmilieu aussieht, stellt sich im "Tatort" mit dem Titel "Schutzlos" später als ein tragischer Irrtum mit tödlicher Folge heraus. Tödlich sowohl für den jungen Nigerianer (Charles Mnene) als auch für dessen Schwester Jola (Marie-Helene Boyd). Die Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) spüren bei ihren Ermittlungen zudem einige Hintergründe auf, warum einige Asylsuchende in die Kriminalität abgleiten. Selten war der Schweizer "Tatort" so politisch wie bei diesem hoch kontroversen Thema.

Doch wie reagieren die Twitter-Nutzer auf diesen ARD-Krimi? Schweiz? Tatort? Die Meinung über die Vereinbarkeit dieser beiden Begriffe geht auseinander. Die einen sehen das eher positiv, andere finden da jede Pilcher-Schnulze besser. Als diese Tweets abgesetzt wurden, lief der aktuelle „Tatort“ allerdings noch nicht mal fünf Minuten. Eine noch schwierigere Frage für die Twitter-Fans ist, was die Kopfschmerzen und Halluzinationen von Reto Flückiger zu bedeuten haben. Schnell kommen Assoziationen zu Felix Murot auf, dem von Ulrich Tukur gespielten Wiesbadener LKA-Kommissar, der seinen Tumor liebevoll „Lilly“ nennt.

Ein Dauerthema ist die Synchronisation. Richtig ist: in diesem „Tatort“ aus Luzern wird im Original Schweizerdeutsch, Hochdeutsch und Englisch gesprochen. In der ARD wurde das Schwiizerdütsch raussynchronisiert. Twitter-Nutzer sind ungeduldig. Hinterlässt die Story nach einer halben Stunde noch Fragezeichen, wird der Stab gebrochen. Wie soll sich da ein Drehbuch entfalten? Wie gut, einige Twitterer scheinen das ebenfalls festzustellen.

Zu einen einhelligen Ergebnis kommt die „Tatort“-Gemeinde auf Twitter heute jedenfalls nicht. Das Ergebnis ist eher griechisch. 60 Prozent stimmen mit Nein zum „Tatort“ aus Luzern ab.

Das Thema wurde so gewählt, dass es einerseits hochaktuell ist und andererseits eine konkreten Schweizer Aspekt aufgreift. Im Jahr 2012 hat die Schweiz ihr Asylrecht verschärft. Anträge werden nun in kurzer Zeit - 100 Tagen - bearbeitet, zudem gibt es nun weniger Gründe zur Antragstellung. Dass die afrikanischen Flüchtlinge viel Geld an Schleuser zahlen müssen, ist genauso zutreffend wie der Umstand, dass die Asylsuchenden in den Aufnahmenländern keine Möglichkeit haben, legal Geld zu verdienen. Manuel Flurin Hendry hat diese Punkte auf ergreifende Weise zusammengefügt, ohne krampfhaft etwas konstruieren zu müssen.

Die Haltung der Eidgenossen zum Thema Zuwanderung erklärt sich unter anderem durch die Zahlen. Als die Schweizer über die Verschärfung abgestimmt haben, lag das Land in Europa an vierter Stelle der Aufnahmeländer hinter Malta, Schweden und Luxemburg. Auf 332 Schweizer kam ein Asylbewerber. Zum Vergleich: der europäische Durchschnitt lag 2013 bei einem Bewerber auf 625 Einwohner. Doch nicht nur mit Asylanten aus Afrika haben die Schweizer Probleme, mit einem Referendum im vergangenen Jahr hat eine "Initiative gegen Masseneinwanderung" durchgesetzt, dass die Einwanderung aus der EU begrenzt wird. Das geht so weit, dass die Schweizer Wirtschaft bereits in Sorge um einen Mangel an ausländischen Fachkräften ist.

Mit der Verschärfung des Asylrechts und den beschleunigten Verfahren hat der "Tatort"-Fall jedoch nicht direkt etwas zu tun. Das Drogenringe die nigerianischen Jugendlichen risikofrei als Dealer einsetzen können, hängt mit ihrem Status als UMAs, als unbegleitete minderjährige Asylsuchende - zusammen. Wird ein erwachsener Asylbewerber straffällig, kann er unverzüglich in sein Heimatland abgeschoben werden. Für die Minderjährigen gilt dies nicht, so lange sie nicht volljährig sind, passiert das nicht.

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