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Gegenwind. Valerie Weber, Programmdirektorin von Antenne Bayern (neben Helmut Markwort), soll WDR-Hörfunkdirektorin werden – wenn es nach Tom Buhrow geht. Foto: Imago

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Umstrittene Personalentscheidungen: Buhrows Liebling

Der WDR-Intendant sorgt mit der ersten großen Personalentscheidung für Unmut. Dass er mit Valerie Weber eine Frau vom Privatradio für den Posten des Hörfunkchefs vorgeschlagen hat, empfinden viele in Köln als "Katastrophe".

Kaum 150 Tage im Amt, hat WDR-Intendant Tom Buhrow den ersten Ärger im Haus. Die Entscheidung des Intendanten, die Programmdirektorin von Antenne Bayern, Valerie Weber, zur Hörfunkdirektorin zu machen, stößt im Westdeutschen Rundfunk auf große Bedenken. Tom Buhrow hat der Redakteursvertretung des größten ARD-Senders ein Gespräch für Dienstag angeboten. Für Mittwoch hat die Redakteursvertretung zu einer außerordentlichen Redakteursversammlung geladen, zu der auch Buhrow eingeladen ist. Der Intendant hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass er die aus München stammende Valerie Weber zur Hörfunkdirektorin des WDR berufen wolle.

Sie sei „eine der erfolgreichsten Radiofrauen in Deutschland“, sagte Buhrow. Buhrow hatte zeitgleich bekannt gegeben, dass er Chefredakteur Jörg Schönenborn, 49, zum Fernsehdirektor machen wolle. Ein erwartbarer Vorschlag. Die Verträge der bisherigen Direktoren Verena Kulenkampff (Fernsehen) und Wolfgang Schmitz (Hörfunk) laufen Ende April 2014 aus. Es ist die erste große Personalentscheidung Buhrows seit seinem Amtsantritt am 1. Juli.

Offenbar keine sehr populäre. In der Mitteilung der Redakteursvertretung heißt es, Valerie Weber habe in ihrer beruflichen Karriere niemals bei einem öffentlich-rechtlichen Sender gearbeitet. Kenntnisse von Land, Leuten, Kultur und Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen seien nicht ersichtlich. Im Sender soll ein Brief kursieren, der mit 75 Unterschriften von Redakteuren an Buhrow geschickt wurde. Unter anderem wird gefragt, ob eine Persönlichkeit wie Valerie Weber, „die ihre Erfolge ausschließlich im Privatfunk erzielt“ habe, „plötzlich überzeugte Anhängerin des öffentlich-rechtlichen Systems sein und es in diesen schwierigen Zeiten mit Leidenschaft führen und nach außen verteidigen“ könne.

Als „Negativ-Überraschung“ bezeichnen manche Buhrows Ankündigung, andere sprechen von einer „Katastrophe“. Einigen in der Redaktionskonferenz sei „die Kinnlade heruntergefallen“, ist auf den Kölner Fluren zu hören. „VW“ wird die Personalie des Intendanten dort despektierlich genannt. Der Hauptkritikpunkt: Warum holt Buhrow mit Weber ein Privatradiogewächs, das mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk wenig am Hut hatte? Zumal es beim Privatradio nur um Quote gehe.

Weber fiel in ihrer Zeit als Programmdirektorin von Antenne Bayern und als Programmdirektorin beim Stuttgarter Privatsender Antenne 1 vor allem durch Marketingaktionen auf. Unter anderem ließ sie über dem Stuttgarter Sendegebiet Duftstoffe aus einem Flugzeug abwerfen. Bei einer öffentlichen Veranstaltung verteidigte sie 2006 Gewinnspiele im Radio mit den Worten: „Es ist enorm wichtig, dass wir die Menschen zum Spielen bringen, denn das erlaubt ihnen das Abtauchen in eine Scheinwelt, um den Problemen des Alltags zu entfliehen.“ Antenne Bayern gilt nicht zuletzt wegen solcher Gewinnspiele als besonders erfolgreich. Der Sender erreichte nach Angaben der jüngsten Media-Analyse täglich bis zu 4,03 Millionen Hörer.

Viele sind davon ausgegangen, dass Buhrow eine interne Lösung wählt, zum Beispiel Jona Teichmann. Doch die ist nicht nur Leiterin des Landesprogramms Hörfunk, sondern auch die Ehefrau von Jörg Schönenborn. Durch dessen Nominierung zum Chefredakteur blieb Buhrow diese Lösung verwehrt. Manche sagen, jemanden von außen zu holen, könne für frischen Wind sorgen. Weber sei dennoch eine überraschende Entscheidung. In der Tat unterscheiden sich die Programme von WDR 3 und WDR 5 erheblich vom Angebot aus Bayern.

Am 22. November wird der WDR-Rundfunkrat über die Personalien abstimmen. „Wir nehmen die Reaktionen aus dem Sender ernst, zunächst aber ist es unser gesetzlicher Auftrag, den Vorschlag des Intendanten, der uns zur Entscheidung vorliegt, zu prüfen“, sagte die Vorsitzende Ruth Hieronymi am Montag dem Tagesspiegel. „Diese Aufgabe nehmen wir intensiv und unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte wahr.“ Die Frage wird auch sein, ob sich Valerie Weber diese Nominierung angesichts der vielen Missfallenskundgebungen aus Köln überhaupt antun wird.

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