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Medien: Und Goebbels spricht im Radio

Im Jahr 1936 kommt ein junger Ire namens Samuel Beckett nach Berlin. Ein Tourist wie jeder andere, aber auch ein Künstler, der später durch seinen einzigartigen Blick auf Menschen und soziale Verhältnisse weltberühmt wird.

Im Jahr 1936 kommt ein junger Ire namens Samuel Beckett nach Berlin. Ein Tourist wie jeder andere, aber auch ein Künstler, der später durch seinen einzigartigen Blick auf Menschen und soziale Verhältnisse weltberühmt wird. In der Reichshauptstadt schwingt man Fackeln, isst am Sonntag gemeinsam Eintopf, im Radio spricht Goebbels. Beckett beobachtet und schreibt Tagebuch. Wie er die Nazis und ihr Volk wahrnimmt, davon erzählen Carola Veit und Bernd Kempker in ihrem Feature „Zwischen Nazis und Nofretete“. Berlin wird für Beckett zum Auslöser einer künstlerischen Wende. Der formenstrenge Sarkasmus des kommenden Nobelpreisträgers verdankt sich auch den deutschen Lektionen (Deutschlandfunk, 2. März, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Einerseits geht man hierzulande noch immer mit Ewigkeitsambition zum Traualtar. Andererseits wird mittlerweile jede zweite Ehe geschieden. Am Start fühlt sich der Liebende wie ein Marathonläufer, am Ende hat die Kraft nur für einen kurzen Hürdensprint gereicht. Im Feature „Doch alle Lust will Ewigkeit …“ von Mahmoud Lamine und Judith Müller berichten vier Paare von ihren Erfahrungen mit der ganz großen Liebe. Es sind aufschlussreiche Beschreibungen und Analysen des Scheiterns. Wie sich alles in rauschendem Glück entzündete und wie dann Zeit und Erfahrung der Liebe einen schmerzvollen Garaus machten (Deutschlandradio Kultur, 3. März, 18 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Johann Wolfgang von Goethe ist in Liebesdingen immer Realist gewesen. In seinem Drama „Stella“ erzählt er von zwei Frauen, die den gleichen Mann lieben. Eine für alle Beteiligten peinigende Gefühlsverwirrung entsteht. Weil keine andere Rettung denkbar ist, wird eine Ehe zu dritt erwogen. Dieser utopische Kompromiss ging der deutschen Zensur damals zu weit, der junge Goethe musste sich mit einem Aufführungsverbot plagen. Eine frische Hörspielbearbeitung des Theaterklassikers bringt uns das alte Liebesdrama noch einmal erstaunlich nahe (SWR 2, 4. März, 18 Uhr 20, Kabel UKW 107,85 MHz).

Was macht eigentlich die Generation Praktikum? Im Hörspiel „Die Lebenspraktikanten“ von Nikolas Richter tut sie, was man von ihr erwartet. Sie lebt nach den Rollengeboten der idealen Bewerbungsmappe und hält sich fit für alle kommenden Karriereschritte. Die vier Lebenspraktikanten, von denen das Hörspiel erzählt, trainieren Flexibilität, Kreativität und Anpassungsfähigkeit. Wie die Spinne ihr Netz knüpfen sie Kontakte und reisen den Jobangeboten hinterher. Aber dann sitzen sie doch im falschen Zug, verpassen den Anschluss, steigen zu früh wieder aus. Böse dämmert die Ahnung, dass man sich nicht mehr im Übergang befindet, sondern bereits in einer Art Endlosschleife (Deutschlandradio Kultur, 5. März, 0 Uhr 05).

Die deutschen Kunstikonen Joseph Beuys und Heiner Müller sind sich im wirklichen Leben niemals begegnet. Eigentlich erstaunlich, wenn man die ästhetische Verwandtschaft bedenkt. Nun holt Autor Klaus Buhlert das Versäumte nach. In seinem Hörspiel „atlantis tapes“ schickt er Beuys und Müller auf eine gemeinsame Reise über den Ozean. Am Horizont entdecken sie eine Insel namens Atlantis, von der schon Francis Bacon erzählt hat. Etwas Besseres als die deutsche Wirklichkeit sollte es schon geben. Aber wird man ausgerechnet in Atlantis fündig werden? Oder ist jede Hoffnung nur Selbstbetrug? (Deutschlandfunk, 6. März, 20 Uhr 10)

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