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Medien: Unter Beobachtung

Auch Privatpersonen müssen damit rechnen, wegen Urheberrechtsverstößen belangt zu werden

Raubkopien von aktuellen Charthits oder den neuesten Kino-Blockbustern sind illegal. Doch viele Internet-Nutzer haben sich durch dieses Verbot bislang nicht vom massenhaften Herunterladen aus den Tauschbörsen abhalten lassen. Nun hat das oberste US-Gericht entschieden, dass die Betreiber der Tauschbörsen für das illegale Treiben ihrer Nutzer durchaus verantwortlich sind. Damit stehen jedoch nicht nur die Börsen selbst, sondern auch die Anwender unter verstärkter Beobachtung. Auch viele Eltern fragen sich jetzt, ob sie nun die Computer ihrer Sprösslinge überwachen müssen.

WAS GENAU HAT DAS AMERIKANISCHE

GERICHT ENTSCHIEDEN?

Bislang gingen die Gerichte davon aus, dass die Betreiber nur die Plattform für den Tausch bereitstellen. Nun haben die höchsten US-Richter klargestellt, dass vor allem die dahinter stehende Absicht zählt. Dient eine Tauschbörse vornehmlich dem illegalen Datenaustausch, kann gegen die Betreiber geklagt werden. Oliver Moldenhauer, Sprecher der Initiative „Fairsharing“ sieht auf amerikanische Hersteller von Tauschbörsen-Software eine Klagewelle der Unterhaltungsindustrie zurollen.

WIE WIRKT SICH DAS FÜR DEUTSCHE

NUTZER AUS?

Direkte Konsequenzen hat die Entscheidung nach Ansicht von Juristen nicht. Doch die indirekten Folgen können dennoch unangenehm werden, wie der Düsseldorfer Anwalt für Online- und Multimedia-Recht, Michael Terhaag, sagt. „Urteile wie dieses sowie die Werbespots der Filmfirmen im Kino lassen vor Gericht die Behauptung, man habe nicht gewusst, dass das Herunterladen und Bereitstellen von Raubkopien illegal ist, haltlos erscheinen.“ Wird man also erwischt, kann es immer schwerer werden, sich herauszureden.

WIRD SICH DER DRUCK IN DEUTSCHLAND VERSTÄRKEN?

Auch wenn kein unmittelbarer Zusammenhang bestehen muss, so nimmt der Druck tatsächlich zu. Anfang Juli hat die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – besser bekannt als Gema – über 40 Internet-Provider in Deutschland dazu aufgefordert, die Verbindungen zur beliebten Tauschbörse E-Mule und ihren Ablegern zu sperren.

WANN MACHE ICH MICH STRAFBAR?

Nach der Novelle des Urheberrechts macht man sich immer dann strafbar, wenn man urheberrechtlich geschützte Werke – Filme, Musik, E-Books, Software – aus dem Internet ungenehmigt und ohne Bezahlung lädt oder verbreitet. Legal ist der Kauf und das Herunterladen von kommerziellen Anbietern wie iTunes oder Musicload. Legal ist auch das Herunterladen von ausdrücklich freigegebenen Titeln – auch über Tauschbörsen. Der US-Dokumentarfilmer Michael Moore hatte die Nutzer sogar dazu aufgefordert, den Film „Fahrenheit 9/11“ über Tauschbörsen zu verbreiten. Allerdings gibt es auch eine Grauzone, wie Rechtsanwalt Terhaag sagt. Wenn ein Musiker wie Udo Lindenberg beispielsweise seinen neuesten Song „Hallo Angie“ ausdrücklich als kostenlosen Download über seine Homepage anbietet, so ist das absolut legal. Schwieriger wird es, wenn der Nutzer den Song dann in eine Tauschbörse einstellt. Denn wenn Lindenberg den Song später verkauft, wäre die Weitergabe über die Tauschbörse nicht mehr ohne weiteres erlaubt.

WIE KANN DIE STRAFE FÜR DAS ILLEGALE HERUNTERLADEN AUSFALLEN?

In der juristischen Praxis laufe es bei Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen – je nach Umfang – zumeist auf Ordnungsgelder und Bewährungsstrafen hinaus, sagt Michael Terhaag, aber auch Haftstrafen sind möglich. Ein 23-Jähriger aus Cottbus wurde im vergangenen Jahr zu einer Strafe von 400 Euro verurteilt. Zudem musste er im Zivilverfahren 8000 Euro Schadenersatz zahlen. Doch damit nicht genug. Kommt es zu einem Verfahren, wird häufig das „Tatwerkzeug“ – also der Computer mitsamt Internet-Zugang wie Router oder Splitter – sichergestellt.

MUSS ICH FÜR MEINE KINDER HAFTEN?

Nach den Erfahrungen von Rechtsanwalt Terhaag ist die strafrechtliche Haftung nicht das Hauptproblem, da diese nur greift, wenn nachgewiesen werden könnte, dass man von dem illegalen Treiben der Kinder Kenntnis hatte. Die Kinder selbst sind bis zum 14. Lebensjahr nicht haftbar. Auch danach könnten sie nur bestraft werden, wenn ihnen die Einsichtsfähigkeit in das begangene Unrecht nachgewiesen werden kann. Anders sieht es bei der zivilrechtlichen Haftung aus. Stellt der Nachwuchs massenhaft Songs ins Internet, können die Eltern dafür zivilrechtlich durchaus haftbar gemacht werden, so Terhaag.

WIE VERHINDERT MAN DIE INSTALLATION VON TAUSCHBÖRSEN-SOFTWARE?

Der wichtigste Schutz, für das illegale Laden und Verbreiten geschützter Werke durch seine Kinder nicht haftbar gemacht zu werden, besteht nach wie vor darin, sie zu belehren und nötigenfalls die Nutzung solcher Programme oder Seiten zu verbieten. Man kann sich aber auch technisch schützen. Richtet man beispielsweise bei Windows das Konto des Kindes mit eingeschränkten Rechten ein, so können die nötigen Programme nicht unbemerkt installiert werden. Zudem helfen Filterprogramme davor, dass verbotene Internet-Seiten aufgerufen werden. Allerdings wissen gerade etwas ältere Kinder häufig, wie man solche Sperren umgeht.

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