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Medien: Unter Riesen

Mit Klaus Bednarz, Fritz Pleitgen und Gerd Ruge in den Rocky Mountains

Die Rocky Mountains sind ein majestätisches Gebirge. Es türmt sich nicht höher auf als die Alpen, aber es zieht sich: mehr als 4000 Kilometer lang, zwischen Alaska und New Mexico im Süden der USA. Früher waren die weißen Siedler froh, wenn sie die Gebirgskette von Ost nach West überqueren konnten, heute geht’s etwas bequemer. Dafür sind Klaus Bednarz (64), Fritz Pleitgen (68) und Gerd Ruge (78), die drei nicht mehr ganz so jungen WDR-Pioniere aus Köln, aber auch von Nord nach Süd gereist. Sie erduldeten für ihr dreiteiliges Gemeinschaftswerk „Die Rockies“ klirrende Kälte und flirrende Hitze. Drei Riesen unter Riesen, ausgestattet mit massiver Ex-Korrespondenten-Kompetenz und üppiger Reisekasse, aber mit ihren durchschnittlich 70 Menschenjahren doch lächerlich jung im Vergleich zu dem Gebirgsmassiv, das schon Millionen Winter gesehen hat. Dennoch darf man wohl sagen: Max Schautzer soll sich nicht so haben, die ARD hat ein Herz für Senioren.

Und man soll sich nicht täuschen: Die drei sind fit wie ein Turnschuh, folgen wie Klaus Bednarz einem aus Tirol ausgewanderten Trapper zu den Fallen in der einsamen kanadischen Wildnis, wagen sich wie Fritz Pleitgen unter eine Büffelherde oder stürzen sich wie Gerd Ruge beim Rafting auf dem Colorado River in wilde Fluten. Da wird einem ganz bang um den Silberschopf im schwankenden Schlauchboot, zumal die beiden Steuerfrauen nachgeschult werden: Kurz zuvor waren sie mit einem Touristenboot gekentert. Doch das Reporter-Urgestein, das für den deutschen Rundfunk aus aller Welt berichtete, als das Fernsehen noch im Versuchsstadium war, plumpst nicht ins Wasser. Auch WDR-Intendant Fritz Pleitgen wird wohl im Kreise seiner ARD-Kollegen öfter auf die Hörner genommen, und Klaus Bednarz pullovert sowieso am liebsten durch die Eiseskälte.

Jeder der Herren hatte seine eigene Route, und jeder der drei Filme hat seine eigene persönliche Note. Den roten Faden liefert die Natur einer enorm abwechslungsreichen Landschaft. Auch ohne HDTV-fähigen Fernseher sind manche Einstellungen ein Augenschmaus, den fünf Kameraleuten sei Dank. Für die Ohren gilt das nicht unbedingt. Bednarz schüttet zu viel folkloristische Musiksoße über die Winterlandschaften. Etwas mehr Stille in der beeindruckenden Weite hätte gerade im ersten Teil („Der Ruf der eisigen Wildnis“) nicht geschadet. Fritz Pleitgen gerät im zweiten Teil („Sehnsucht nach dem alten Westen“) zuweilen ins inhaltsfreie Plaudern: „Beim Barbecue ist die Stimmung eher nachdenklich.“ Mit Stimmungen kennt er sich aus, fragen Sie mal den WDR-Rundfunkrat. Und manche Gerd-Ruge-Sätze („aufdiesembergrückengibtesalles“) versteht man erst beim zweiten Mal.

Unterwegs treffen die Reporter eine bunte Menschenschar. Besonders der rastlose Ruge sammelt im dritten Teil („Sommer am Colorado“) unermüdlich Interviewschnipsel. Einzeln betrachtet, geben diese Gespräche nicht viel her, alles in allem entsteht ein interessanter Flickenteppich aus Gesichtern, Lebensentwürfen und Weltanschauungen. Bednarz und Pleitgen nehmen sich zumeist ein wenig mehr Zeit für die Menschen in den Rockies. Sie erzählen von Aussteigern und interessanten Typen, von Cowboys mit Badewannen mitten im Wohnzimmer, von Ureinwohnern und solchen, die es sein wollen. Wie Adolf Hungry Wolf, der 1954 mit seinen Eltern aus Heidenheim nach Amerika kam und nun wie ein Blackfoot-Indianer lebt. Die echten Blackfoots (oder heißt es: Blackfeet?) bilden eine Elitetruppe zur Bekämpfung von Waldbränden. Die werden von Jahr zu Jahr mehr, was ebenso Anzeichen für einen Klimawandel ist wie die fremden Fischarten, die der Inuit-Ranger im Nationalpark im hohen Norden gesichtet hat.

Die vielseitigen Rockies sind Heimat und Anziehungspunkt für viele, „da kann sich jeder das Land suchen, das zu ihm passt“, bilanziert Ruge die lange Reise. Manche werden sogar von der „Mitte des Nichts“ angelockt, wie Wirtsleute den tristen Standort ihrer abgelegenen Kneipe preisen. Humor haben sie ja, die amerikanischen Hinterwäldler.

„Die Rockies“, ARD, 27., 28. Dezember, 1. Januar, jeweils 21 Uhr 45

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