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Ihr Kinderlein, kommet ... Oprah Winfrey nimmt Beichten ab. Foto: AFP

© AFP

US-Fernsehen: Noch einmal "Queen of Talk" sein

Oprah Winfrey kitzelte die Doping-Beichte aus Lance Armstrong heraus und verteidigte ihren Ruf als "Queen of Talk". Die Beichte könnte ihr Sprungbrett zurück auf Amerikas Leinwände werden.

Er hat gestanden. Mehr als zehn Jahre lang hat Lance Armstrong alle Doping-Vorwürfe vehement abgestritten und selbst vor Gericht auf seiner Unschuld bestanden. Jetzt machte er im amerikanischen Fernsehen reinen Tisch. Armstrongs Ruf ist ruiniert, seine Karriere beendet. Dafür ist eine andere Karriere wiederbelebt: die von Oprah Winfrey, in deren Talkshow der siebenfache Tour-de-France-Sieger auspackte.

Das Geständnis des Champions dürfte Oprah Winfrey Rekordquoten bescheren, und zwar gleich an zwei Abenden. Denn das Interview mit Armstrong war letztlich so lang, dass die „Queen of Talk“ die Doping-Beichte am Donnerstag und Freitag als Zweiteiler senden wird. Für die 58-Jährige kommt die Causa Armstrong zur rechten Zeit, denn zuletzt drohte die sonst an Superlative gewöhnte Moderatorin an Reichweite und Relevanz zu verlieren.

Winfrey, in ärmsten Verhältnissen aufgewachsen, arbeitete sich von einer lokalen TV-Station in Nashville (Tennessee) an die Spitze der amerikanischen Medien. Ein Vierteljahrhundert lang, von 1986 bis 2011, war ihre „Oprah Winfrey Show“ die dominante Talkshow in Amerika. Hier plauderte der kamerascheue Michael Jackson aus dem Nähkästchen, auch Präsident Barack Obama und First Lady Michelle nahmen auf ihrem Sofa Platz.

Doch Top-Promis waren nur eine Seite der Oprah-Winfrey-Show. Sie waren Beiwerk in der größten Marketing-Maschine des Landes. Über viereinhalbtausend Episoden hinweg war Oprah Winfrey die Königin Midas des amerikanischen Fernsehens. Was sie anfasste, wurde zu Gold. „Oprah’s Favorite Things“ war das beliebteste Segment der Show: Backmischungen, Laufschuhe, Handtaschen, Fernseher ... einmal von Oprah geweiht, kletterten die Umsätze rasant. Zuletzt profitierten davon das iPad von Apple und der neue VW Käfer. Auch für Bücher gab es keinen schnelleren Weg an die Spitze der Charts: Wer in „Oprah’s Book Club“ war, wurde zum Bestseller. Das galt für neue Bücher ebenso wie für Klassiker: Als Winfrey 2003 die Steinbeck-Novelle „Jenseits von Eden“ empfahl, kletterte der Schmöker an die Spitze der Verkaufscharts – fünfzig Jahre nach der ersten Auflage.

In einer tränenreichen Sendung verabschiedete sich die „Queen of Talk“ 2011 von ihrem Millionenpublikum, um ihr größtes Projekt anzugehen: OWN – das „Oprah Winfrey Network“, ein eigener Sender. Doch für die erfolgsverwöhnte Winfrey, die längst milliardenschwer ist und zu den einflussreichsten Menschen der Welt gehört, war das Projekt ein Flop. Nur einige Kabelanbieter speisen OWN ins Netz, nicht alle Amerikaner können Winfrey empfangen. Zuletzt schalteten rund 330 000 Zuschauer ein – der Nachrichtensender CNN erreicht doppelt so viele Zuschauer.

Das Programm bei OWN ist dünn: Neben einigen erfolgreichen Winfrey-Ablegern für Hausfrauen, etwa dem Psycho-Talk mit „Dr. Phil“, laufen vor allem Wiederholungen. Zuletzt sendete OWN sogar die Reality-Serien des Ramschsenders TLC in peinlicher Zweitverwertung. Großes Fernsehen geht anders.

Mit Lance Armstrong schaffte es Oprah Winfrey jetzt wieder auf die Titelseiten der US-Zeitungen. Seit Tagen scheint es zwischen Atlantik und Pazifik kein wichtigeres Thema zu geben als die Doping-Beichte des gefallenen Supersportlers. OWN dürfte das langfristig helfen, denn Rekordquoten an zwei Abenden dürften nicht zuletzt die Kabelanbieter inspirieren, den Sender verstärkt auszustrahlen – dann wäre für Oprah Winfrey der Weg frei, noch einmal zur Top-Moderatorin zu werden.

Im deutschen Fernsehen läuft das Gespräch zwischen Oprah Winfrey und Lance Armstrong im Discovery Channel bei Sky, in der Nacht zum Freitag um 3 Uhr. Zudem gibt es einen Livestream unter www.oprah.com

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