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Medien: Vergessene Sieger

WM-Endspiel. ARD.

WM-Endspiel. ARD. Die Suche nach dem neuen Weltmeister spielte am Sonntag keine Rolle, die Journalisten suchten nach etwas anderem, und zwar nach der besten Geschichte. Und auf dieser Suche verloren sie leider Anstand und Sitte, Respekt und Urteilsvermögen. Denn die beste Geschichte von allen, die, die den besten Text, die schönsten Bilder versprach, die Geschichte, die einer Heldensaga am nächsten gekommen wäre, das wäre natürlich die von dem Sieger Zinedine Zidane gewesen, der seine Mannschaft wie ein Feldherr zum Weltmeistertitel führt. Diese Geschichte haben sich so viele, fast alle Kollegen gewünscht, dass sie dabei vielleicht nicht gemerkt haben, wie sie sich über die Italiener äußerten: Nicht nur ein Spiegel-Online-Kolumnist mit doofem Pseudonym beleidigte Menschen dieses Landes, egal ob Fußballer oder nicht, und Reinhold Beckmann, der das Endspiel kommentierte, bekam beinahe einen Nervenzusammenbruch, weil der französische Trainer sich weigerte, den Stürmer Trezeguet einzuwechseln. Beckmann betonte mehrmals: Frankreich verlor, weil Trezeguet zu spät kam – dass die Italiener die beste Mannschaft des Turniers waren, ignorierte er wie so viele andere.

Für viele andere waren sowieso die so genannten „Klinsmänner“ die Mannschaft des Turniers, vor allem für die vom Fernsehen, deshalb gab es auch einen Streit, ob die ARD oder das ZDF die Ankunft der Spieler am Brandenburger Tor übertragen darf. Es übertrugen dann beide, und weil alles in Harmonie versinken sollte, hielt die ARD-Spitzenkraft Lierhaus ein ZDF-Mikro in der Hand, die ZDF-Spitzenkraft Kerner eines von der ARD, und tatsächlich war es selten so amüsant, am Sonntagmittag fernzuschauen – abgesehen vielleicht vom „Presseclub“, aber der fand in der Nacht statt, in der Sendung von Waldemar Hartmann: „Bild“- Kolumnist Paul Breitner, „Spiegel“-Autor Jürgen Leinemann, „Welt“-Chefredakteur Roger Köppel und „Tatort“-Kommissar Udo Wachtveitl. Das war gut, interessant, und das Interessanteste überhaupt war, dass Breitner immer schon wusste, was für ein Typ dieser Zidane ist, aber diese Information behielt er über acht Jahre für sich. Am Montag wurde Zidane zum besten Spieler der WM gewählt. Und wir Journalisten haben endlich doch noch eine Geschichte. Es ist die beste der vergangenen vier Wochen.

Die Endspiel-Quote: 25,87 Millionen

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