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Medien: Vergesst den 3. Oktober!

Herr Moll, worüber haben Sie sich in der vergangenen Woche in den Medien am meisten geärgert? Wieder mal ein 3.

Herr Moll, worüber haben Sie sich in der vergangenen Woche in den Medien am meisten geärgert?

Wieder mal ein 3. Oktober verstrichen, bei dem nichts fürs Hirn blieb, allenfalls ein leichter Dunst von Bier und Bratwurst für die Nase. Ohnehin sieht nur ein Drittel der Deutschen Anlass zu feiern. Und wieder einmal haben die Medien nicht zum öffentlichen Aufstand gegen dieses geschichts- und gesichtslose Datum aufgerufen. Was für den 9. November spräche, ist hinlänglich bekannt: Der Wechsel von der Monarchie zur Republik, die Nazi-Pogrome, der Fall der Mauer – ein so widersprüchliches wie kennzeichnendes Kaleidoskop neuerer deutscher Geschichte. Kein Tag sonst illustriert so eindrücklich, woher wir kommen. Der 3. Oktober erinnert dagegen lediglich an einen formalen Akt, durch den die Bonner Republik zu ihrem Beitrittsgebiet kam. Ein Kohl-Gedenktag mag für manche ja auch berechtigt erscheinen. Aber es waren zunächst und vor allem die mutigen Menschen von Leipzig bis Berlin, die diese Deutsche Destabilisierte Republik zum Kollaps brachten. Der Satz: Jetzt ist das nun mal so, ist kein Argument.

Gab es auch etwas, worüber Sie sich gefreut haben?

Über eine Schlagzeile der „taz“: „Kleinfeld gibt Kleingeld.“ Zugegeben, umwerfend originell ist dieser Stabreim nicht; und dann gilt ja eigentlich auch die Regel „no jokes on names“. Aber die drei Wörter über den Siemens-Chef bringen es auf den Punkt. Es ist doch sonderbar: Während die Linke in diesem Land brav die Vorzüge unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems dekliniert, wird es von den Protagonisten des kruden Kapitalismus regelmäßig diskreditiert. Da gibt es Herren, die auf gesellschaftspolitischen Konsens allenfalls Kleingeld geben. Auf Dauer könnte das teuer werden.

Friedrich Moll

ist Redakteur und

Moderator der

„Abendschau“ um

19 Uhr 30 im

RBB-Fernsehen.

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