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Fernsehmoderator Thomas Gottschalk.

© dpa

Vergleich: Warum Thomas Gottschalk nie Bundespräsident werden wird

Eitelkeit, Selbstüberschätzung, die Demontage der eigenen „Marke Mensch“. Es gibt Parallelen zwischen Wulff und Gottschalk, sagt Mike Kleiß, Medien- und Markenexperte.

Zurückgelehnt im Ohrensessel, bei einer Kanne Kaffee und Status Quo auf dem Kopfhörer, ist es Thomas Gottschalk schon zuzumuten, dass er -ganz für sich alleine- denkt: „ach, den Wulff, den könnt ich doch eigentlich auch und vielleicht sogar viel besser geben!“. Das Alter hätte er, die Reife bestimmt auch. Seine Frau Thea wäre eine schöne und stilvolle First Lady, man ist auf Du und Du mit den Stars. Im Hause Gottschalk ist man das wirklich! Und muss sich die Starfreunde nicht kaufen. Man ruft sie, und sie sind einfach da! Und die Gottschalk-Starfreunde, die sind wirkliche Stars! Da gibt man sich nicht mit einer Vroni Ferres ab, da muss es schon Nicolas Cage sein, Daniel Craig oder wenigstens Heidi Klum. Die hat Gottschalk ja auch entdeckt! Nur er! Weil er das kann! Nur er kann das!

Aber: Thomas Gottschalk wird Christian Wulff nicht beerben. Und dafür gibt es einen triftigen Grund: sie sind sich einfach zu ähnlich! Viel zu ähnlich. Und zwei von der Sorte, das wäre zu viel für Deutschland! Beide sind gerade auf dem besten Weg, wichtige Marken zu zerstören, starke Marken. Wulff die „Marke Bundespräsident“, Thomas die „Marke Gottschalk“. Bei beiden hat man dieses üble Ziehen in der Magengegend, beinahe jeden Tag. Täglich erscheinen Meldungen, die eine besondere Art des Fremdschämens erzeugen. Wulff nutze Firmenhandy von Unternehmer Groenewold, Gottschalk redet wirres Zeug und begrüßt Anke Engelke als Annette Engelke, man duckt sich instinktiv weg, weil man das alles kaum noch recht ertragen kann.

Die Karriere von Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass..." in Bildern:

All das hätte irgendwie ja noch einen gewissen Unterhaltungswert, wenn das den Steuer- und/oder Gebührenzahler nicht so unglaublich viel Geld kosten würde. Selbst wenn Christian Wulff ein Einsehen hätte und seinen Hut nähme, wir alle würden ihm eine Rente von rund 200 000 Euro bezahlen. Thomas Gottschalk wurde von WDR Intendantin Monika Piel für ca. 6 Millionen Euro Honorar im Jahr gekauft, Produktionskosten der Sendung „Gottschalk Live“ noch nicht mit eingerechnet. Für einen echten Quotenbringer ein stattliches aber vielleicht zu rechtfertigendes Gehalt. Nicht aber für einen Thomas Gottschalk, der nach kurzer Zeit einen Quotenerdrutsch erlebte, seit Donnerstag unter einer Million Zuschauer sendet, bei einem unterirdischen Marktanteil von 3,4 Prozent.

Warum geschehen diese Abstürze?

Sowohl bei einem Bundespräsidenten, wie auch bei der Ikone der Deutschen Unterhaltung? Weil z.B. das 1x1 der Grundregeln nicht eingehalten wird. Für Wulff, und da dürften sich alle Experten einig sein sind diese: 1.) Ehrlichkeit 2.) Vertrauen 3.) Transparenz! Was aber ist das 1x1 für eine Sendung wie Gottschalk Live? Borris Brandt, ehemals Programmdirektor bei Pro7 und Chef bei der Produktionsfirma Endemol bringt es auf den Punkt: „Keine Sendung der Welt diesen Formates funktioniert ohne dieses 1x1, jedenfalls aus meiner Erfahrung: Regel 1 für die Vorabendshow : das Gefühl des Tages aufnehmen und transportieren, weil man dem Zuschauer das Gefühl vermitteln muss, zu Hause sein, nah dran zu sein. Regel 2 : kleine nachvollziehbare Geschichten erzählen. Nicht abgehoben, den Seher dort abholen, wo er ist.

Und seit neustem Regel 3 (gilt für die Gottschalk Live Redaktion): Mund aufmachen, wenn Gottschalk etwas durchsetzen will, was out of time und place ist. Weder sein Verhältnis zu Promis, noch seine Promis an sich sind nachvollziehbar, Tagesgefühl oder interessant....”

Die Marke Wulff und die Marke Gottschalk

Klingt im Grunde recht einfach, aber die in Stein gemeißelten Regeln scheinen weder Wulff noch Gottschalk zu interessieren. Denn schließlich wissen sie es besser. Wenn nicht sie, wer denn dann? Nur sie wissen das! Weil sie es wissen! Eine gewisse Bräsigkeit und Selbstüberschätzung führt nicht nur dazu, dass Geld vernichtet wird und “Menschen als Marken” nicht mehr ernst genommen werden. Dass die “Marke Bundespräsident” nachhaltig geschädigt ist, darüber sind sich immer mehr Menschen in Deutschland einig. Gilt dies auch für die “Ikone Gottschalk”? Nein! Glaubt Kai Panitzki, Geschäftsführer der Agentur Scholz&Friends NRW, einer der renommiertesten Kommunikationsagenturen Deutschlands: “Gottschalk ist als Personenmarke eine wirkliche Ikone. Losgelöst von Erfolg oder Misserfolg eines neuen Formats wird er das bleiben. Die Kraft seiner Marke geht deutlich weiter als das sie von der Einschaltquote eines bestimmten Formats abhängig wäre. Das hat schon die Vergangenheit bewiesen.

Gottschalks “Markengeheimnis” ist der Mix aus Qualität (Können), Authentizität und Nachhaltigkeit. Thomas Gottschalk ist Thomas Gottschalk mit seinen Stärken und Schwächen,  er bleibt sich treu und so wird er als Person und Marke geliebt.”

Ganz anders sieht das Medienprofi Borris Brandt: “Markenwert misst man heute nicht mehr im Bekanntheitsgrad sondern in Followern, in Menschen die der Marke treu folgen, sie unterstützen und in ihrem Sinne kommunizieren. Die Marke Thomas Gottschalk hatte nie extrem viele Follower, wohl aber Bekanntheit. Seit dem Start seiner Show hat er sicher 9 /10 seines Markenwerts verloren. Ihm folgt keiner nirgendwohin...”

Auch wenn weder Christian Wulff noch Thomas Gottschalk am Ende, das ja noch gar nicht in Sicht ist, niemand mehr so richtig folgen will, völlig verrückt: beide haben zwei starke Frauen hinter sich. Nein, nicht Bettina, nicht Thea! Angela Merkel jubelt Wulff weiter in den Himmel über Berlin, hält ihm die Stange und stärkt ihn. Muss sie auch, denn sonst müsste sie sich nach Horst Köhler den zweiten falschen Einkauf eingestehen. So geht es auch Merkels Leidensgenossin im Geiste, der WDR Intendantin Monika Piel. Nach dem Quotendesaster vom Donnerstag sagte sie: „Wenn man was Neues ausprobieren will, muss man einen langen Atem haben, und den haben wir”! Diesen Satz könnte Angela Merkel schon jetzt einmal aufschreiben. Wer weiß, wofür er einmal gut sein kann.

Mike Kleiß arbeitete bei SWR3 und als stv.Programmchef der ARD Hörfunksender MDR Jump&Sputnik. Er gilt als Medien- und Markenexperte. Heute gilt seine ganze Aufmerksamkeit der Kommunikationsagentur "Medienhafen Köln".

Mike Kleiß

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