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Das Team von Radio Paradiso um Geschäftsführer Matthias Gülzow (links) und Chefredakteur Thorsten Wittke im Studio am Kleinen Wannsee kann weitersenden. Wird das Urteil rechtskräftig, muss die Medienanstalt die Frequenz neu ausschreiben.

© D. Spiekermann-Klaas

Vertreibung aus dem UKW-Paradies: Gott mag keine Wellness

Der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg will es so: Der christliche Sender Radio Paradiso verliert seine Frequenzen an Oldiestar. Paradiso wird gegen die Entscheidung klagen

Radio Paradiso verliert seine UKW-Frequenzen in Berlin und Brandenburg. Die Sendelizenz geht im Dezember an Oldiestar über. Das hat der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) am Dienstag beschlossen und damit seine Auswahlentscheidung vom 11. Mai dieses Jahres bestätigt. „Radio Paradiso ist vom Medienrat wiederholt, zuletzt 2009, auf Defizite bei den zugesagten Programmleistungen hingewiesen worden“, heißt es in einer MABB-Mitteilung.

Der Geschäftsführer von Radio Paradiso, Matthias Gülzow, zeigte sich wenig überrascht von der Entscheidung: „Wir haben erwartet, dass das heute so kommen wird“, sagte Gülzow dem Tagesspiegel. Nach der Zeit der Unsicherheit „freuen wir uns nun darauf, juristisch gegen die Entscheidung vorgehen zu können.“ Der Sender kann innerhalb von vier Wochen nach der schriftlichen Ablehnung der Lizenzverlängerung das Gericht anrufen. Hauptgesellschafter von Radio Paradiso sind die Evangelische Darlehnsgenossenschaft und das Berliner Immanuel-Krankenhaus. Vertreter von Kirche und Politik hatten sich gegen das Aus von Radio Paradiso gewendet.

Der Gewinner der Frequenzausschreibung, der Sender Oldiestar, wollte die Entscheidung am Dienstag nicht weiter kommentieren. „Freude ist immer dabei“, war der einzige Kommentar des Sendersprechers. Die Frage, ob das Profil des bislang über UKW nur in Brandenburg aktiven Oldiestar für den Berliner Großstadthörer geändert werden muss, will Oldiestar erst kurz vor dem Start des Programmbetriebes in Berlin beantworten.

Der MABB-Medienrat hatte unverändert Zweifel daran, ob in der Zukunft wesentliche Verbesserungen beim Wortprogramm von Radio Paradiso zu erwarten seien, heißt es in der Mitteilung. „Charakteristisch ist bisher eine vom Musikformat bestimmte Wellness-Ausrichtung unter Verzicht auf Programmelemente, die die an der Musik interessierten Hörer stören könnten.“ Reichweiten und Nachfrage sind durch diese „Popularisierung“ gestiegen, was nach dem Urteil des Medienrates nicht zu einem von journalistischen und christlichen Inhalten geprägten Programmprofil beiträgt. Laut Gremium war bei den Gesellschaftern aus dem evangelischen Bereich keine Bereitschaft zu erkennen, einen Ausbau journalistischer Elemente anzuschieben und mit zu finanzieren. Zwar habe die Diakonie noch am Montag beim Gremium eine künftige Unterstützung von Radio Paradiso angezeigt, doch sah sich der Medienrat dadurch nicht zu einer Revision seiner Entscheidung zugunsten von Oldiestar veranlasst.

Was für den „Frequenz-Erben“ aus Sicht des „Lizenz-Spenders“ spricht: Oldiestar habe trotz der wesentlich geringeren Reichweite beachtliche Programmleistungen erbracht – insbesondere bei der Berichterstattung aus Berlin und Brandenburg. Diese Anstrengung, verbunden mit konkreten Zusagen auch für kirchliche Inhalte, begründen für Oldiestar „eine bessere Vielfaltsprognose als für Radio Paradiso und und alle anderen Anstragsteller“. Insgesamt hatten sich für die Berliner UKW-Frequenz 98,2 und die Brandenburger Frequenzen 90,4, 95,5 und 105,5 zehn Stationen beworben. Interessant, dass der Medienrat bei der Musikfarbe von Oldiestar – Soft AC (Adult Contempory) wie bei Paradiso – eine „Bereicherung der Gesamtvielfalt“ sieht.

Radio-Paradiso-Chef Gülzow hat durch den Beschluss das Gefühl, dass in der MABB über ein Thema diskutiert wurde, das die Kirche bereits vor 20 Jahren abgeschlossen hat: Ob sich nämlich ein christlicher Sender über Werbung finanzieren darf und somit auf eine möglichst große Reichweite achtet. Überdies bestreitet Gülzow, dass es ausreichende Warnungen der MABB gegeben habe, ein zu geringer Wortanteil würde das christliche Profil gefährden. Die Studie über die Radioprofile in Berlin von 2008 sei nur eine Momentaufnahme gewesen, sagte der Senderchef. Wie es mit Radio Paradiso (16 Mitarbeiter) und dem Radiohaus Berlin, zu dem neben dem christlichen Sender noch das insolvente JazzFM sowie JamFM und Sender KW gehören, weitergeht, könne er zum derzeitigen Moment nicht sagen.

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