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Das freut den Sponsor. Fans in verschiedenen Ländern sehen dasselbe Spiel, aber unterschiedliche, ganz auf sie zugeschnittene Bandenwerbung.

© picture alliance / dpa

Virtuelle Werbung beim Fußball: Achtung, Nassrasierer

Erstmals wurde bei einer Fußball-Übertragung im Fernsehen virtuelle Werbung eingesetzt. Schon ab 2016 könnte das für Bundesliga-Sendungen Normalität sein.

Eine Milliarde Euro. So viel will Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) demnächst jährlich mit den Medienrechten an der Fußball-Bundesliga erlösen. Es ist viel Geld und Fantasie im Spiel, wenn es darum geht, den Fußball zu vermarkten. Das zeigt sich auch am vergangenen Sonntag beim ersten hochklassigen Wettbewerb der neuen Saison, dem Telekom Cup in Mönchengladbach. Das Turnier mit Meister Bayern München wurde auf Sat1 übertragen. Der Unterhaltungswert war mäßig, aber dafür wurde erstmals in Deutschland virtuelle Werbung angeboten, wenn zunächst auch nur für fünf internationale Werbepartner, für den deutschen Fernsehzuschauer nicht sichtbar.

Noch nicht. Der Trend ist eindeutig. Werbung ist neben Fernsehgeldern eine tragende Säule bei der Vermarktung von exklusivem Fußball wie Bundesliga, Champions League, Länderspielen oder Weltmeisterschaften. Und die Zahl der Stadionbanden im Rechteck naturgemäß begrenzt. Die Zahl der fernsehrelevanten Sponsoren bei einem Spiel der Fußball-Bundesliga kann mit virtueller Werbung deutlich gesteigert werden. Möglich machen das durchsichtige Folien, die auf Werbebanden aufgeklebt und von speziellen Kameraobjektiven erkannt werden. Ein Spiel, verschiedene Signale.

In der Serie A in Italien oder in der Primera División in Spanien wird virtuelle Werbung seit Langem eingesetzt. In Südamerika kann es passieren, dass ein riesiger Nassrasierer durchs Gras hochschießt und den Schriftzug „Gillette“ ins Grün rasiert. Das ist hierzulande verboten, siehe Rundfunkstaatsvertrag. Paragraf sieben lässt aber Türen offen: Virtuelle Werbung ist erlaubt, wenn erstens „am Anfang und Ende der betreffenden Sendung optisch oder akustisch darauf hingewiesen wird“ und zweitens „durch sie eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt wird“.

Technisch und rechtlich nicht ganz unproblematisch

ARD, ZDF und RTL halten sich bedeckt, was den Einsatz von virtueller Werbung bei „Sportschau“, Champions League oder Qualifikationsspielen zur Fußball-EM betrifft. „Derzeit beschäftigen wir uns nicht mit diesem Thema“, heißt es bei der ARD. Immerhin eine interessante Frage, zuständig für die Bandenwerbung sei allerdings die Uefa, sagt ein ZDF-Sprecher. Dort, bei der Uefa in Nyon, heißt es, man beobachte das Thema.

Die Sache ist lukrativ, keine Frage, technisch und rechtlich aber nicht ganz unproblematisch. Derzeit funktioniere virtuelle Werbung nur auf statischen Banden, nicht auf LED-Banden, sagt eine Sprecherin der Sportfive, dem Sportrechtevermarkter. Außerdem müssten Verträge neu geschnürt werden. Sponsoren kaufen klassische Bandenwerbung, zum Beispiel für die reichweitenstarke ARD-„Sportschau“ und wollen natürlich, dass die von möglichst vielen der sechs Millionen Zuschauer vorm Fernseher gesehen wird und nicht ständig virtuelle Einblendungen durchgewechselt werden.

Fest steht: Mit der virtuellen Werbung gibt es Vermarktungspotenzial. „Es wird etwas dauern, aber virtuelle Werbung wird irgendwann zum Repertoire der Werbeeinblendungen gehören“, sagt Josef Stadtfeld, Geschäftsführer der Sponsorenvereinigung S20. Die Macht der Sponsoren. Ihr Wort hat Gewicht. Mehrere Sponsoren der Bundesliga haben sich gerade gegen eine Verkürzung der Zusammenfassungen im Free TV ausgesprochen. Die DFL will beim Verkauf der Bundesliga-Rechte von 2017 an samstags neben der 90-minütigen Zusammenfassung (derzeit ARD-„Sportschau“) auch eine auf 45 Minuten reduzierte Sendung ausschreiben. Die Sponsorenvereinigung S20, der Firmen wie Mercedes, Telekom oder Adidas angehören, lehnt laut „Sport Bild“ eine Mini-„Sportschau“ ab.

Der eine sieht Black&Decker, der andere polnisches Bier

Mehr Fantasie gibt es bei der virtuellen Werbung. Beim Spiel England gegen Holland vor ein paar Jahren wurde auf der einen Seite die TV-relevante, längsseitige Bande virtuell überblendet. Während der TV-Übertragung warben in den Niederlanden Sponsoren, die sich an die Oranje-Fans wendeten, während in Asien auf der gleichen, mit Folie beklebten Bande Firmen aus Hongkong zu sehen waren. Beim Telekom Cup aym Sonntag sahen Fans in den Niederlanden, Großbritannien, Irland, Polen und der Türkei zu, der eine Black&Decker, der andere polnisches Bier, via fünf zusätzlichen Signalen bei der Liveübertragung. Insider rechnen damit, dass virtuelle Werbung mit der Bundesliga-Saison 2016/17 in Deutschland eingeführt wird. Es ist noch kein Milliarden-Spiel, aber den nächsten Versuch gibt es schon Anfang August, beim Audi-Cup in München.

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