zum Hauptinhalt

Medien: Volle „Pango“-Packung

Der Teleshoppingsender HSE 24 will kein Fernsehen sein, keine Quote machen und trotzdem 17 000 Produkte verkaufen

Herr Hilbers, ist das, was Sie machen, überhaupt Fernsehen?

Nein. Wir verstehen uns nicht als Fernsehsender. Wir sind ein Versandhändler. Wir bieten Produkte an, der Zuschauer kauft hoffentlich, wir liefern. Das Fernsehen ist für uns die wesentliche Plattform, sprich der Zugang zum Kunden.

Werden Sie oft mit diesem Missverständnis konfrontiert?

Ja, und sogar von Mitarbeitern, die gerne beim Fernsehen wären und enttäuscht sind, wenn sie feststellen müssen, bei einem Versandhändler zu arbeiten.

Auch wenn Sie nur ein Versandhändler sind – müssen Sie so schlechtes Fernsehen machen?

Können wir uns auf „schlichtes Fernsehen“ einigen? Wir machen kein Programm für Intellektuelle, da gebe ich Ihnen Recht. Bei uns geht es um Produkte und darum, welche Qualitäten sie haben.

Alles muss raus!

Uns geht es nicht um den schnellen Euro. Wir sind am Wiederkäufer interessiert. Wir brauchen Kunden, die immer wieder bei uns kaufen. Das zu erreichen, ist unser vorrangiges Ziel. Um Erfolg zu haben brauchen Sie dreierlei: ein gutes Produkt, gute Information und guten Service.

Die Quote ist Ihnen egal?

Ganz egal. Wir werden nicht nach Quote bezahlt, sondern verdienen unser Geld mit dem Umsatz, den wir machen. Aber: Natürlich müssen auch wir den Zuschauer erreichen. Wichtig ist, dass er möglichst lange bei uns bleibt. Wir sind Händler, die ein Schaufenster brauchen, um unsere Waren möglichst gut zu präsentieren. Das Fernsehen ist unser Schaufenster.

Wie lange dauert es, bis aus einem Zuschauer ein Besteller wird?

Untersuchungen zeigen, dass der durchschnittliche Zuschauer 50 Mal einschaltet, ehe er zum ersten Mal kauft. 2,4 Millionen Zuschauer schalten uns mehrmals pro Woche ein. Pro Jahr bestellen 1,4 Millionen Menschen bei uns. Darunter Stammkunden, die zehn Mal und mehr pro Jahr ordern.

Sie haben 17 000 Produkte im Sortiment. Kriegen Sie die alle ins Programm?

Übers Jahr gesehen ja. Wir zeigen pro Tag 250 Artikel, für jeden Artikel bleiben zehn bis 15 Minuten. Wir haben natürlich unsere Erfahrungen, wie lange man ein Produkt zeigen muss, bis die Kunden ordern.

Was verkauft sich am besten?

Schmuck und Kosmetik machen die Hälfte unseres Umsatzes. Aus diesem Bereich kommen unsere Dauerbrenner. Sehr gut verkaufen sich aber auch Haushaltswaren wie der Rohrreiniger „Pango“, ein Vakuumrohrreiniger. Der geht seit Jahren wie verrückt. Und unser Reinigungstuch „Blaues Wunder“. Habe ich selbst zu Hause. Ich kann Ihnen sagen, einfach perfekt.

Warum soll ich Ihnen das „Blaue Wunder“ teuer abkaufen, wenn es in jedem Supermarkt hunderte ähnlicher und deutlich billigerer Produkte gibt?

Sie sollen gar nichts. Wir wollen Sie nicht beschwatzen, sondern Sie von dem Produkt überzeugen. Und wenn Sie überzeugt sind, dann sind wir überzeugt, dass Sie es auch bei uns kaufen werden. Wir sind geradezu gezwungen, unsere Kunden zu überzeugen. Nur ein zufriedener Kunde kommt wieder.

Wie viele Ihrer glücklichen Kunden schicken die Ware gleich wieder zurück?

Weniger als 25 Prozent. Aber das ist der Durchschnitt des deutschen Versandhandels. Wir liegen also nicht schlecht.

Wer bei Ihnen bestellt, ist zu 70 Prozent weiblich und über 53 Jahre alt, sagt die Statistik. Die Sache ist klar: Fieser Unternehmer beutet einsame Frauen aus.

Diese Frauen sind erstens nicht einsam, weil sie in Familien leben. Zweitens sind sie Frauen, die über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen. Drittens entscheiden Frauen fast über alle Käufe. Und viertens wird diese Gruppe in den kommenden Jahren immer größer.

Wo bleibt die Jugend?

Die jungen Leute sind als Kunden manchmal schwierig. Die retournieren gern nur so zum Spaß zurück, und es hapert auch schon mal mit der Zahlungsmoral. Unsere Zielgruppe ist da weitaus verlässlicher.

Was halten Sie von „Geiz ist geil“?

Kann man machen. Wir machen es nicht. Wir sind kein Discounter. Unsere Stärken sind Qualität und Preiswertigkeit. Billig, billig ist nicht unser Stil.

Sind Sie offen für Neues?

Wir hatten kürzlich Autos im Programm.

Wie viel Zeit haben Sie dem Besteller gegeben?

Viermal 20 Minuten.

Nicht gerade viel für ein Auto.

Wir hatten noch ein paar Extras als Anreiz beigelegt. Wenn Sie das Auto gekauft haben, dann bekamen Sie es voll getankt und zugelassen, inklusive Fußmatten, Warndreieck und Verbandskasten, direkt vor die Tür gestellt. Also einsteigen und losfahren.

Und das hat gezogen?

Wir waren zufrieden.

Was machen Sie, wenn Sie merken, dass ein Produkt gar nicht läuft?

Dann steuern wir um. Dafür haben wir unsere erfahrenen Producer, die in der Live-Sendung entscheiden, wie lange ein Produkt Sendezeit bekommt.

Ihre Moderatoren sind doch nur dazu da, die Lager leer zu schwafeln.

Wir haben Produkte auf Lager, weil unsere Produkte attraktiv und preiswert sind. Und unsere Moderatoren schlagen sich fast darum, diese Produkte verkaufen zu dürfen.

Wie hoch ist Ihre Umsatzrendite?

Auf jeden Fall um ein Mehrfaches höher als die einiger unserer Versandhandelswettbewerber.

Werden wir bald den ersten Teleshopping-Supermarkt erleben, der es überflüssig macht, aus dem Haus zu gehen?

Dinge des täglichen Bedarfs sind eher schwierig zu verkaufen. Es wird einfach zu teuer für den Kunden, wenn der Versand teurer ist als das Produkt. Daran wird Ihre zugegebenermaßen hübsche Idee wahrscheinlich scheitern.

Der Kunde ist bei Ihnen König. Kennen Sie einige auch persönlich?

Wir laden regelmäßig zu Schnäppchen- oder Kundenevents und Workshops. Zuletzt war ich auf einem Event in Stuttgart, zu dem wir 8000 Kunden, die Schmuck bei uns gekauft haben, in ein Hotel geladen hatten. Wenn ich kann, bin ich dabei.

Gar keine Angst vor den bösen Kunden?

Sie können kein Geschäft führen, wenn sie Angst vor ihren Kunden haben. Wenn sich jemand bei uns beschwert, dann gehen wir dieser Beschwerde nach. Und wenn der Kunde Recht hat, dann entschuldigen wir uns auch. Viele unserer Kunden kennen uns besser als wir uns selbst. Das merken wir immer dann, wenn uns Kunden anrufen und uns auf Fehler aufmerksam machen, die wir noch gar nicht bemerkt haben.

Glücklich, wer solche Kunden hat. Hat sich denn noch niemand über den Namen Ihres Senders beklagt? HSE 24 klingt ja nicht gerade großartig. Wenn Sie die Wahl hätten, wie würden Sie gerne heißen wollen?

ARD. Das, finde ich, klingt ganz schön.

Das Gespräch führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

Konrad Hilbers, 42, ist Vorstandsvorsitzender des Teleshoppingsenders HSE 24 in Ismaning. Zuvor arbeitete er für die Bertelsmann AG, BMG, bei AOL Europe und Napster Inc.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false