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Medien: Von Abzockern, Helden und Verschwörern

Was im Fernsehen zum zweiten Jahrestag des 11. September 2001 läuft

Nicht alle, die am 11. September 2001 entsetzt die Fernsehbilder vom Terroranschlag auf das World Trade Center in New York verfolgten, hatten spontan das Leid der Opfer oder die politischen Folgen im Sinn. „Meine erste Reaktion war: Ich habe an die Gelder gedacht“, sagt Gerry Cahill. Der Ire hatte sein für den Ruhestand Erspartes den Devisenhändlern der Firma First Equity aus dem 15. Stock des Südturms anvertraut. Ein Fehler, wie sich bald herausstellen sollte: Nach der Katastrophe verschwanden die Bosse und mit ihnen knapp 100 Millionen US-Dollar. Cahill verbindet nun besondere Gefühle mit dem historischen Datum: „Dieser Anschlag hat auch unsere Gier bloßgestellt.“ Michael Wech erzählt mit seinem „story“-Film „Die Abzocker aus dem World Trade Center“ (ARD, Donnerstag, 23 Uhr) eine „andere Geschichte des 11. September“.

Zum zweiten Jahrestag der Anschläge werden die Zwillingstürme im Fernsehen erneut unzählige Male zum Einsturz gebracht. Dennoch leistet sich das Medium auch den einen oder anderen Seitenblick. In die Zukunft weist etwa der Dokumentarfilm „Libeskind, Blumenthal und Manhattan – Ground Zero“ (BR, Donnerstag, 22 Uhr 35) von Jochen Kölsch. Star-Architekt Daniel Libeskind, der das Jüdische Museum in Berlin plante und der den Wettbewerb zur Wiederbebauung des zerstörten New Yorker Terrains gewann, wird vom Leiter des Berliner Museums, dem ehemaligen US-Finanzminister Michael Blumenthal, befragt. Wie da beide im New Yorker Wassertaxi über die Architektur plaudern, über die Vergangenheit in Berlin und die Zukunft in Manhattan, das ist zuweilen etwas selbstverliebtes, aber doch erbauliches Fernsehen. Mehr zu den konkreten Plänen für Ground Zero bietet der Film „Amerikas offene Wunde“ (Mittwoch, 0 Uhr, ZDF) .

Der Schauplatz der New Yorker Katastrophe vom 11. September 2001 steht natürlich im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltung , die am Donnerstag, ab 14 Uhr 30, von Phoenix, n-tv und N 24 live übertragen wird. Das bis heute zweifellos wichtigste filmische Dokument der Ereignisse von New York, der Dokumentarfilm „11. September“ der Brüder Naudet, wird noch einmal im Ersten ausgestrahlt (Donnerstag, 23 Uhr 45) . Fernsehpremiere hat dagegen der im Kino bereits gezeigte Episodenfilm „ 11’ 09’’01“ (W DR, Mittwoch, 23 Uhr/BR, Donnerstag, 23 Uhr 35) . Die Kurzfilme von elf Regisseuren aus verschiedenen Ländern, darunter Ken Loach und Sean Penn, bilden eine zwiespältige Sammlung persönlicher Kommentare.

Das Drama von Flug UA 93 kommt darin nicht vor: Der vierte entführte Jet war auf unbewohntes Gebiet in Pennsylvania gestürzt. Wie mehrere Telefonate belegen, wurden die Entführer kurz zuvor von den Passagieren angegriffen. Die entschlossene Aufforderung „Let’s roll“ des Passagiers Todd Beamer wurde zum Schlachtruf von Präsident George W. Bush im Kampf gegen den Terrorismus. Vielleicht ist ja deshalb das sehenswerte britische Dokudrama „11.9.01 – Let’s Roll“ (Mittwoch, 23 Uhr 10) etwas abseits beim Privatsender Pro 7 gelandet. Dabei wird hier durchaus nicht plumpe Helden-Propaganda ausgebreitet. Eindrucksvoll berichten die Angehörigen und die Telefonistin Lisa Jefferson, die lange mit Todd Beamer sprach (weil der seine schwangere Frau nicht anrufen wollte), vom Ablauf der Entführung. Die szenischen Rekonstruktionen sind zurückhaltend in der Spekulation über den wahren Ablauf. Nur am Ende wird behauptet, die Passagiere seien bis ins Cockpit vorgedrungen, was nicht bewiesen ist.

Aber vielleicht ist auch das nur eine finstere Erfindung der CIA? Verschwörungstheoretiker bezweifeln sogar die Existenz des in Pennsylvania abgestürzten Flugzeugs. Der WDR will in einer „ kontroversen Studiodiskussion“ die Thesen der umstrittenen Autoren Andreas von Bülow, Gerhard Wisnewski und Mathias Bröckers „auf den Prüfstand stellen und von unabhängigen Experten abklopfen lassen“ (Mittwoch, 22 Uhr) .

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