zum Hauptinhalt
Ein Herrenwitz: Der "WM-Club" im Ersten am Sonntagabend mit Ex-Fußballprofio Thomas Helmer (v.l.), Moderator Guido Cantz, Moderatorin Mareile Höppner und Moderator Alexander Bommes.

© Tsp

Von Tor zu Tor: Jubelbeiträge in der ARD, Werbefernsehen im ZDF

Der "WM-Club" im Ersten ist eine Sendung ohne Sinn, ohne Verstand. Das fängt bei den Gästen an und hört gar nicht mehr auf. Das Zweite macht es allerdings auch nicht besser.

Das Achtelfinal-Spiel Brasilien gegen Chile am Samstagabend habe ich einer Gastwirtschaft in einem Dorf in Norddeutschland geschaut, es ging nicht anders, technisch. Es waren nicht viele Menschen, die sich dort vor dem Fernseher versammelt hatten, aber die, die da waren, fanden alles grauenhaft: den Kommentator, die Vorberichte, die Nachberichte, das Spiel der Brasilianer, das Spiel der Chilenen. Ramazotti war das Getränk der Stunde, ich blieb bei Mineralwasser und dachte: Wenn die Menschen, die bei Twitter glauben, sie wären so schlau und so witzig und so weit vorne, wenn sie sich in 140 Zeichen über Tom Bartels und all die anderen lustig machen, wenn diese Menschen erleben könnten, was da in einer Dorfkneipe so los ist, dann würden sie sich vielleicht alles noch einmal ganz genau überlegen.

Ist Mehmet Scholl als Experte unerträglich?

Ich habe mir am Sonntagabend auch alles noch einmal ganz genau überlegt, vor allem, nachdem ich gelesen hatte, dass im Prinzip auch Mehmet Scholl als Experte unerträglich sei, weil man ihm anmerken würde, dass er so ganz dringend den Grimme-Preis haben wolle. Ist ja auch bei Schauspielern das allerletzte, wenn die Sehnsucht nach einem Oscar ihr Spiel in ungeahnte Höhen befördert.

Jedenfalls las ich am Sonntag auch bei meinem Freund und Kollegen Harald Staun in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", dass die Kritik an der ARD und am ZDF im Prinzip genau so schon 1982 formuliert wurde (nur besser), dass man daraus aber nicht den Schluss ziehen dürfe, dass keine Kritik eine Lösung sei – und weil ich mich nicht daran erinnern kann, Staun jemals widersprochen zu haben, folgt hier der Sonntagabend im Schnelldurchlauf:

Bommes lässt sich von Stromberg inspirieren

1. Einen Jubelbeitrag wie den von ARD-Mann Jürgen Bergener über den Fußballverhinderer Benedikt Höwedes kann nur im Auftrag des DFB zustande gekommen sein, womit die ARD in dieser Disziplin auch nicht besser ist als das ZDF mit Katrin Müller-Hohenstein und ihrer Art des Werbefernsehens.

2. Beiträge über Fans aus Holland oder Mexiko sind genau so aussagekräftig wie Beiträge über Fans aus Belgien oder Chile, nämlich null. Die singen, tanzen und trinken mitunter Alkohol und wenn ihre Mannschaft verliert, sind sie ein bisschen traurig, aber nur so lange, bis einer mit einer Fernsehkamera vorbeikommt.

3. Tom Bartels kommentiert weiter.

4. Tom Bartels ist im Vergleich zu Alexander Bommes eine Wohltat, denn was der da in der ARD veranstalten darf, ist die Fortführung des Herrenwitzes mit anderen Mitteln. Bommes Moderationsschule bestand im wesentlichen im Schauen alter Stromberg-Folgen: seine Mimik, seine Sprache – dafür kann Christoph Maria Herbst Tantiemen verlangen. Der so genannte ARD-"WM-Club" ist eine Sendung ohne Sinn, ohne Verstand, das fängt bei den Gästen an (diesmal: Guido Cantz, Thomas Helmer, Mareile Höppner) und hört im Prinzip überhaupt nicht mehr auf (Einspieler, Co-Moderatorin, musikalischer Gast).

Manche Dinge sind tatsächlich nur mit Ramazotti zu ertragen. Matthias Kalle

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false