zum Hauptinhalt

Medien: Vorsicht! Werbung: Kalter Kaffee

Bisher waren für mich zwei Spots das Kellergeschoss der deutschen Werbung: Der blonde Reitersmann, der für seine Spießgesellen sämtliche Rügenwalder Mettwürste aus einem Metzgerladen entführt. Und die Frau mit dem weißem Hut, die sich ständig in der Karibik aufhält - auf dass für sie die weißen Kokoskugeln von Raffaelo eingeflogen werden.

Bisher waren für mich zwei Spots das Kellergeschoss der deutschen Werbung: Der blonde Reitersmann, der für seine Spießgesellen sämtliche Rügenwalder Mettwürste aus einem Metzgerladen entführt. Und die Frau mit dem weißem Hut, die sich ständig in der Karibik aufhält - auf dass für sie die weißen Kokoskugeln von Raffaelo eingeflogen werden.

In der vergangenen Woche aber schaffte es ein Spot, weit unter dem Tiefgeschoss-Estrich zu landen. Mal sehen, ob ich ihn noch zusammen kriege - ich wollte zunächst nicht glauben, dass so etwas möglich ist. Also: Claudia Schiffer hat offenbar aus den Bohnen irgendeiner Mokka-Mischung von Jabcobs einen Aroma-Kaffee bereitet. Und nun gibt sie ein Tröpfchen (kalt vermutlich) vom herrlichen Braun hinter ihr Öhrchen. Dann aber passiert es: Aus dem Nichts erscheint ein Mann - etwa gleichaltrig und weitgehend gutaussehend - und setzt einen zärtlichen Schmatz auf die Kaffeetröpfchenstelle hinter Claudias Öhrchen. Vermutlich wurde er angelockt vom unvergleichlichen Aroma der wunderbaren Jacobs-Mischung.

Wenn ich bisher für bestimmte Kreative aus der Werbung Prügelstrafe gefordert habe, war das symbolisch gemeint, zudem mental: Es hätte gereicht, den Schuldigen auf einen Stuhl zu fesseln und ihm zehn Stunden lang das eigene Machwerk vorspielen. Jetzt denke ich anders. Für den Verursacher des Jacobs-Films wäre diese Tortur eine unverdiente Milde. Ich stelle mir die passende Strafe und Züchtigung so vor: Claudia Schiffer wird durch eine Dame vom Kaliber Hella von Sinnen ersetzt. Und der Kerl, der sich den Spot ausgedacht haben, muss den Öhrchen-Küsser machen. Dazu suchen wir einen Star-Regisseur, dem Filmmeter und Drehzeit völlig egal sind. Er will ein Meisterwerk schaffen. Wenn unser Opfer Glück hat, ist er mit der Kuss-Szene nach dem 93. Take zufrieden.

Reinhard Siemes

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false