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© AFP

Washington Post: Der 100-Dollar-Jobber

Kein Ruhestand: Starreporter Bob Woodward und die „Washington Post“ können nicht ohne einander. Der Reporter war 1974 für die Enthüllung des Watergate-Skandals verantwortlich, der Präsident Richard Nixon zu Fall brachte.

Ganz nüchtern betrachtet brauchen sie sich schon lange nicht mehr. Bob Woodward und die "Washington Post“. Zwar wird Woodward noch immer Starreporter der "Washington Post“ genannt – eine Ehre, die er seiner Rolle an der Seite von Carl Bernstein bei der Enthüllung des Watergate-Skandals verdankt, der Präsident Richard Nixon 1974 zu Fall brachte. Aber schon lange lebt Woodward nicht mehr von seinem Zeitungsgehalt. Als Autor von mittlerweile 13 Bestsellern verdient er ein Vielfaches. Schon die ersten beiden hatten ihm mehr als das Zwanzigfache seines damaligen Jahresgehalts eingebracht. Längst ist Woodward Multimillionär.

Zwar war er bis vor kurzem offiziell bei der "Post“ als "Assistant Managing Editor“ beschäftigt, was wörtlich genommen Pflichten bei der täglichen Blattsteuerung einschließt. Tatsächlich aber setzt Woodward nur selten einen Fuß in die Redaktion, der er seit 1971 angehört, nur alle paar Monate schreibt er einen Artikel.

Woodward arbeitet für symbolisches Gehalt von 100 Dollar weiter

Insofern war es konsequent, mit Woodwards 65. Geburtstag Ende März sein Redakteursverhältnis in den Ruhestand überzuleiten. Die "Post“ steckt in einer finanziellen Krise, 200 Redakteure muss sie entlassen. Warum soll ein Mann mit sechsstelligem Jahresgehalt bleiben dürfen, der das Pensionsalter erreicht hat und keine regelmäßige Arbeit für das Blatt verrichtet. Woodward, das weiß man inzwischen, wird jetzt trotzdem offiziell weiter beschäftigt - zu einem symbolischen Gehalt von 100 Dollar pro Monat.

Wie es dazu kam, darüber kursieren unterschiedliche Versionen. So soll Woodward einen "goldenen Handschlag“ mehrfach abgelehnt haben. Im Frühsommer nahm er das Abfindungsangebot dann an. Über die genaue Summe schweigen der Verlag und der Star.

"City Desk“, ein Blog des "Washington City Paper“ schreibt, dass sich Woodward durch sein Zögern finanziell verschlechtert habe. Wäre er auf das erste Angebot eingegangen, hätte er rund eine halbe Million Dollar erhalten. Doch Woodward habe darauf beharrt, zu bleiben, sich aber zu einer Reduzierung seines Jahresgehalts von 160.000 Dollar auf 10.000 Dollar bereit erklärt – die Bezugsgröße für die nun ausgehandelte Abfindung in Höhe von zwei Jahresgehältern.

"Post" und Woodward nutzen gegenseitige Bekanntheit

Woodward wird die geringere Summe verschmerzen. Am 8. September erscheint sein 14. Enthüllungsbuch; zugleich das vierte der Serie "Bush at War“. Vor der Veröffentlichung werden wohl Auszüge in der "Washington Post“ zu lesen sein – das nützt dem Ruhm der Zeitung und treibt den Verkauf des nächsten Bestsellers.

Die "Washington Post“ kann nicht zulassen, dass Woodward mit anderen Publikationen kooperiert; sein Name gehört untrennbar zur Geschichte dieser Zeitung. Auch für Woodward hat der Synergieeffekt einen hohen symbolischen Wert – und einen finanziellen. Schöner noch: Seit sein Jahresgehalt nur 1200 Dollar beträgt, kann er sich wohl rühmen, dass ihm sein 14. Buch das Tausendfache eintragen wird.

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