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Vier Titel gehören zum WAZ-Imperium in Nordrhein-Westfalen. Die WR ist künftig nur noch ein Hohlkörper ohne eigene Redaktion.

© dpa

WAZ-Konzern: "Westfälische Rundschau" wird zur Zeitung ohne Redaktion

Die traditionsreiche Zeitung bleibt nur als Titel erhalten. 120 Stellen werden gestrichen, übrig bleibt ein Hohlkörper, der dem WAZ-Konzern künftig als billiger Werbeträger dient.

Die Zahl der eigenständigen Zeitungen in Deutschland sinkt weiter. Der WAZ-Konzern schließt die Redaktion der „Westfälischen Rundschau“ (WR) und ruft für die betroffenen 120 Redakteure einen Sozialplan aus. Die Marke soll erhalten bleiben, dazu werden die Lokalinhalte ab Februar bei den direkten Konkurrenten eingekauft. Der Konzern begründete den Schritt mit Verlusten der „WR“ in Höhe von 50 Millionen Euro seit 2008. „Angesichts des anhaltenden Anzeigen- und Auflagenrückganges und der schlechten Geschäftsaussichten für das laufende Jahr mussten wir jetzt handeln“, sagte WAZ-Geschäftsführer Thomas Ziegler. Die Auflage der Rundschau war auf zuletzt 115 000 Exemplare gesunken. Die nordrhein-westfälische Medienministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) sprach von einem schweren Schlag für die Zeitungslandschaft. „Wieder geht ein Stück journalistische Vielfalt verloren.“ Kritik gibt es auch von der zur SPD gehörenden Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg), die vom WAZ-Konzern nicht über die Schließungspläne informiert wurde, obwohl sie zu 13,1 Prozent am herausgebenden Verlag beteiligt ist. „Wir werden rechtlich prüfen, wie wir damit umgehen“, erklärte die Gesellschaft. Hintergrund für die Schließung der „WR“-Redaktion ist unter anderem das Sparprogramm des WAZ-Konzerns, mit dem die Kosten um 20 Prozent gedrückt werden sollen, um so ein operatives Ergebnis von 150 Millionen Euro zu ermöglichen. Um durch die Übernahme der Anteile von den Enkeln des Mitgründers Erich Brost zur Mehrheitseigentümerin zu werden, hatte sich Petra Grotkamp Medienberichten zufolge Kredite über 170 Millionen Euro beschaffen müssen. Der Mantel der „WR“ wird seit einer ersten Sanierungsrunde vor fünf Jahren von einer Zentralredaktion der WAZ-Gruppe zugeliefert. Die Lokalausgaben im südlichen Verbreitungsgebiet werden künftig mit Inhalten der „Westfalenpost“ gefüttert. Am Stammsitz in Dortmund kauft der WAZ-Konzern die Inhalte des „WR“-Konkurrenten „Ruhr Nachrichten“ ein. Nach dem gleichen Muster wird im östlichen Verbreitungsgebiet mit Inhalten des „Hellweg Anzeiger“ und im Märkischen Kreis mit Ausgaben aus dem Märkischen Zeitungsverlag verfahren.

„Der WAZ-Konzern hat in den vergangenen zehn Jahren einige Fehler gemacht und es vor allem versäumt, den Auftritt seiner NRW-Zeitungen für die heute 30- bis 40-Jährigen attraktiver zu gestalten“, sagt der Leipziger Zeitungsforscher Michael Haller. Während die Auflage der WAZ-Titel jährlich um vier Prozent gesunken sei, habe das Minus bei anderen Zeitungen wie dem „Westfalenblatt“ nur die Hälfte betragen. Für Haller ist die "WR" nun nur noch ein Hohlkörper. Der Mantel wird zugeliefert, das Lokale fremdproduziert. Rein betriebswirtschaftlich ist das aber nachvollziehbar, denn allein mit Stellenstreichungen war das Blatt nicht zu retten. So kann der WAZ-Konzern die Zeitung als Werbeträger, der so kostengünstig wie möglich produziert wird, erhalten. Wie darauf die Leser reagieren, ist nicht abzusehen."

WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus kündigte an, den Arbeitsplatzabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten, frei werdende Stellen in NRW sollen bevorzugt mit „WR“-Mitarbeitern besetzt werden. Von Betriebsratsseite wird zudem gehofft, dass einige „WR“-Lokalredaktionen, die bislang schwarze Zahlen geschrieben haben, erhalten bleiben. „Wenn das für zehn Prozent gilt, ist das viel, derzeit gibt es gerade einmal drei offene Stellen“, berichtet ein Insider. Noch im August hatte der WAZ-Konzern eine Lokal-Offensive ausgerufen. Kurt Sagatz

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