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Medien: Wegelagerer am Bildschirmrand

Privatfernsehen gegen Gebühr? Ein

von Joachim Huber

Die Zahl ist gewaltig und verlockend. Über 16 Millionen Haushalte in Deutschland empfangen Fernsehen über Satellit. Für den Transport der über diesen Verbreitungsweg ausgestrahlten Programme, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, bezahlt der Zuschauer nichts. Anders beim Kabel: Dort muss der Zuschauer bereits für die Anlieferung der Angebote von ARD über RTL bis ZDF bezahlen. Jürgen Doetz, Chef der Privatfunk-Lobby, nennt diesen Unterschied zwischen Satelliten- und Kabelempfang eine „Ursünde“ im System, die beseitigt werden muss.

Die Senderfamilien von MTV und RTL wollen deswegen im Verbund mit dem Satellitenbetreiber Astra von 2007 an ihre Programme verschlüsseln und digital ausstrahlen. Deren Empfänger soll monatlich 3,50 Euro bezahlen. Die Fernsehgruppe Pro Sieben Sat 1 plant, obwohl sie es offiziell noch nicht angekündigt hat, nichts anderes. Kartellamts-Chef Ulf Böge sieht das Projekt sehr kritisch. Er hat Astra und den Privatsendern bereits eine Ablehnung avisiert, weil er auf eine Kartellabsprache der Sender mit dem Satellitenbetreiber erkennt. Er hat Recht: Alle Beteiligten zwischen Produktion und Vertrieb von Programmen wollen den Kunden auf ein Monatsentgelt festlegen. 3,50 Euro sind da nur der Einstiegspreis.

Das Privatfernsehen ist vor mehr als 20 Jahren auf Sendung gegangen, und wie laut wurde das attraktive Argument herausposaunt, dass Gebühren nur für die böse Konkurrenz von ARD und ZDF fällig werden. RTL & Co. sagen jetzt, sie bräuchten mehr Einnahmequellen als nur die aus der konjunkturanfälligen Werbung. Was ihnen offenbar egal ist: Wer den Satellitenempfang „kapitalisiert“, der riskiert dessen Nachfrage und Erfolg. Was sie nicht sehen: Wer Gebühren für den Vertrieb von Radio und Fernsehen verlangt, der handelt auch als Privatunternehmen wie die öffentlich-rechtlichen Anstalten: Geld her – oder der Schirm bleibt dunkel!

Das gesamte Fernsehen in Deutschland nur noch als Bezahlfernsehen? Der Kunde soll noch mehr Monatsgebühren für die bloße Verbreitung von Fernsehen und Radio bezahlen und wieder nicht dafür, wie er diese Programme tatsächlich einschaltet? Was die elektronischen Medienhäuser sich und gegen ihre Kunden herausnehmen, ist atemberaubend.

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